Presseinformation 194/2012

Der Natur reichen 12 Materieteilchen

Im Standardmodell der Teilchenphysik ist die Zahl der Materieteilchen beschränkt / keine „4. Fermionengeneration“/ statistische Analyse der Higgs-Daten gibt den Ausschlag
Die Daten der großen Detektoren wie dem CMS am CERN in Genf ermöglichen es, den Aufbau der Materie im Detail zu untersuchen. (Bild: KIT/ Markus Breig)
Die Daten der großen Detektoren wie dem CMS am CERN in Genf ermöglichen es, den Aufbau der Materie im Detail zu untersuchen. (Bild: KIT/ Markus Breig)

Wie viele Materieteilchen gibt es in der Natur? Diese Frage beschäftigt die Teilchenphysiker schon eine lange Zeit. Sind es die 12 Materieteilchen, die das Standardmodell der Teilchenphysik enthält? Oder gibt es Weitere, die nur zu massereich sind, um in den bisherigen Experimenten erzeugt zu werden? Die Antwort darauf geben Forscher des KIT, des CERN und der Humboldt Universität nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Physical Review Letters. (DOI: 10.1103/PhysRevLett.109.241802)


Die Materieteilchen, auch Fermionen genannt, bilden die elementaren Bausteine des Universums. Alles, was wir auf der Erde oder durch Teleskope sehen, ist aus ihnen aufgebaut. „Aber lange Zeit war nicht klar, ob wir alle Bausteine kennen“, erklärt Ulrich Nierste, Professor vom KIT. Das Standardmodell der Teilchenphysik kennt 12 Fermionen. Aufgrund ihrer ähnlichen Eigenschaften teilt man sie in 3 Generationen á 4 Teilchen ein. Nur die erste Generation kommt in nennenswerter Menge außerhalb von Teilchenbeschleunigern vor. Zu ihr gehören das Elektron, das Elektronneutrino sowie das up-Quark und das down-Quark. Aus up- und down-Quarks sind schwerere Teilchen wie Protonen und Neutronen und damit alle Elemente des Periodensystems aufgebaut.


„Warum leistet sich aber die Natur überhaupt den Luxus einer zweiten und dritten Generation, wenn diese kaum gebraucht wird? Und gibt es vielleicht sogar noch mehr Generationen an Teilchen?“,  fragen die Hauptautoren der vorliegenden Analyse, Martin Wiebusch und Otto Eberhardt. Zumindest die letztere Frage konnten sie nun endgültig beantworten: „Im Standardmodell der Teilchenphysik gibt es genau drei Fermionengenerationen!


“Für ihre Analyse kombinieren die Forscher die neusten Daten, die mit den Teilchenbeschleunigern LHC und Tevatron gesammelt wurden, sowie viele bekannte Messergebnisse zu Teilchen wie dem Z-Boson oder dem top-Quark. Das Ergebnis der statistischen Analyse lautet, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99999 Prozent (5,3 sigma) die Existenz von weiteren Fermionen auszuschließen ist. Die wichtigste Rolle spielen dabei die Daten über das vor kurzem entdeckte Higgs-Teilchen.


Das Higgs-Teilchen gibt allen anderen Teilchen ihre Masse. Da zusätzliche Fermionen in Beschleunigerexperimenten nicht direkt nachgewiesen wurden, müssen sie schwerer sein als die bisher bekannten Fermionen. Das würde bedeuten, dass sie auch stärker mit dem Higgs-Teilchen wechselwirken. Diese Wechselwirkung würde die Eigenschaften des Higgs-Teilchens derart verändern, dass man es noch nicht hätten nachweisen können. Mit dem Ausschluss der 4. Fermionengeneration ist die erste der bekannteren offenen Frage der Teilchenphysik durch Messungen des neuen Beschleunigerringes LHC am CERN gelöst worden.


„Das Standardmodell der Teilchenphysik kann nun bei den Fermionen als abgeschlossen betrachtet werden“, erklärt Nierste. Dennoch bleiben einige spannende Fragen. Etwa die genauen Eigenschaften des gerade entdeckten Higgs-Teilchens oder Aufklärung, warum es im Universum mehr Materie als Antimaterie gibt. 


Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

kes, 13.12.2012
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