Presseinformation 156/2013

Bessere Klimaprognosen für Westafrika

KIT koordiniert neues Neun-Millionen-Euro-Projekt DACCIWA – Wissenschaftler untersuchen Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken
Der Straßenverkehr ist eine der größten Quellen für die Luftverschmutzung in den rasch wachsenden Städten im südlichen Westafrika. (Foto: C. Liousse, UPS/CNRS)
Der Straßenverkehr ist eine der größten Quellen für die Luftverschmutzung in den rasch wachsenden Städten im südlichen Westafrika. (Foto: C. Liousse, UPS/CNRS)

Die Bevölkerung Westafrikas wächst rapide. Sie ist einer komplexen Meteorologie, unsicheren Klimaprognosen und steigender Luftverschmutzung ausgesetzt. In den nächsten 5 Jahren wird das EU-Projekt DACCIWA ausgedehnte Messungen in dieser Region durchführen, neue Wetter- und Klimamodelle entwickeln und Entwicklungspolitik unterstützen. DACCIWA untersucht die gesamte Kette von natürlichen und anthropogenen Emissionen bis hin zu Folgen für Klima, Ökosysteme und Gesundheit. Das vom KIT koordinierte Projekt hat ein Budget von knapp neun Millionen Euro.

 

Aufgrund der weltweit stärksten Bevölkerungszunahme, massiver Urbanisierung und einem stabilen Wirtschaftswachstum sind die Länder im südlichen Westafrika derzeit im schnellen Wandel. Die rasch wachsenden Großstädte liegen vorwiegend an der Küste, landwirtschaftliche Produktionsflächen und Wälder unmittelbar dahinter. In den Städten steigen die vom Menschen verursachten Emissionen stark an; verantwortlich dafür ist unter anderem der Straßenverkehr mit großenteils veralteter Fahrzeugtechnik. Durch die zunehmende Feinstaubbelastung leiden Menschen in den Städten immer häufiger unter Atemwegserkrankungen. Hohe Ozonkonzentrationen hingegen treten typischerweise außerhalb der Städte auf und stellen einen Risikofaktor für die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung sowie für die landwirtschaftliche Produktion dar.

 

Laut des jüngsten Weltbankberichts gehört Westafrika zu den Regionen, die die Folgen des globalen Klimawandels am stärksten zu spüren bekommen werden. Zu den klimatischen Auswirkungen der massiven Umwandlung natürlicher Waldflächen in Agrarland kommt eine bisher kaum erforschte Veränderung des regionalen Klimas, bedingt durch die Kombination von anthropogenen Emissionen aus Verbrennung von fossilen Brennstoffen und Biomasse sowie natürlichen Emissionen von Pflanzen, die zu einer verstärkten Bildung von festen und flüssigen Aerosolpartikeln führen. Diese wiederum wirken als Kondensationskeime und verändern die Wolkenbildung. „Wir vermuten, dass sich eine verstärkte Wolkenbildung auf das gesamte Monsunsystem auswirkt“, erklärt Professor Peter Knippertz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des KIT. „Diese Zusammenhänge sind für Westafrika bisher kaum erforscht“. Bessere Prognosen für Westafrika wirken sich in weit entfernten Regionen aus. „Wir wissen zum Beispiel, dass der westafrikanische Monsun mit dem Indischen Monsun wechselwirkt und eine wichtige Einflussgröße für atlantische Hurrikane darstellt“.

 

Im Rahmen von DACCIWA sammeln die Forscher zunächst aktuelle Daten in einer breit angelegten Messkampagne mit Satelliten, Flugzeugen und bodengestützten Instrumenten. Der daraus resultierende Datensatz und zahlreiche Modellierungsaktivitäten werden es ermöglichen, alle relevanten physikalischen und chemischen Prozesse von der Emission über Wolkenbildung, Sonneneinstrahlung, Niederschlag bis hin zu regionaler Luftzirkulation, Klima und Gesundheit zu verstehen. Ziel ist, eine neue Generation von Wetter- und Klimamodellen zu entwickeln und sowohl schwere Monsunregenfälle vorherzusagen als auch Klimaänderungen besser zu projizieren. „Die in DACCIWA gewonnenen Erkenntnisse werden sich auch auf andere Monsunregionen übertragen lassen und der Entwicklungspolitik zugutekommen“, sagt Professor Knippertz.

 

Professor Knippertz koordiniert das neue interdisziplinäre Projekt DACCIWA (Dynamics-aerosol-chemistry-cloud interactions in West Africa), das am 1. Dezember 2013 gestartet und auf viereinhalb Jahre angelegt ist. Die EU fördert das Projekt im 7. Rahmenprogramm mit rund 8,75 Millionen €; 1,88 Millionen davon für das KIT. An DACCIWA sind 16 wissenschaftliche Einrichtungen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien, Ghana und Nigeria sowie weitere Partner aus Benin und der Elfenbeinküste beteiligt, unter ihnen auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken.

 

Zusammen mit zwei weiteren Projekten bildet DACCIWA den europäischen Forschungscluster „Aerosols and Climate“. Der Cluster startet offiziell mit einem Kick-off Event am 5. Dezember 2013 ab 9 Uhr im Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg in Potsdam. Informationen zum Forschungscluster und zum Kick-off Event gibt es unter http://www.aerosols-climate.org

 

Link zum Bericht der Weltbank:

http://climatechange.worldbank.org/sites/default/files/Turn_Down_the_heat_Why_a_4_degree_centrigrade_warmer_world_must_be_avoided.pdf

 

Das KIT-Zentrum Klima und Umwelt entwickelt Strategien und Technologien zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen: Dafür erarbeiten 660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 32 Instituten Grundlagen- und Anwendungswissen zum Klima- und Umweltwandel. Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung der Ursachen von Umweltproblemen, sondern zunehmend um die Anpassung an veränderte Verhältnisse.

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

or, 02.12.2013
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