Berührungsängste abbauen und den Austausch zwischen Flüchtlingen und Mitbürgern fördern: Das ist Ziel der Hochschulgruppe Enactus am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). In verschiedenen Projekten engagieren sich die Studentinnen und Studenten unter anderem für Flüchtlinge, bieten Sprachkurse und organisieren Fußballspiele. In einem Bildband wollen sie nun gemeinsam mit den Flüchtlingen deren Geschichten in Text und Bild erzählen, „Flüchtlingszeit“ soll im November erscheinen. Die Mittel für Lektur, Gestaltung und Vertrieb warben die Studierenden nun sehr erfolgreich über die Plattform „KITcrowd“ ein.
„Zeitweise leben mehr als 2.250 Flüchtlinge in einem Zelt auf dem KIT-Campus Ost und in der Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe, sie prägen das Stadtbild und wir sind überzeugt, dass sie für die kulturelle Vielfalt und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes sehr wichtig sind“, sagt Leopold Spenner, der die Enactus-Projektgruppe „Flüchtlingszeit“ leitet. „Mit unserem Buch wollen wir Misstrauen und Berührungsängsten gegenüber Einwanderung entgegenwirken und so mehr Austausch und eine bessere Integration der Flüchtlinge ermöglichen. Da wir mit Einwanderung verbundene Problematiken selbst erfahren haben, versuchen wir, unsere Eindrücke möglichst genau so zu schildern, wie wir sie erlebt haben, damit sich jeder Leser sein eigenes Bild machen kann.“
Studentinnen und Studenten der Enactus-Projektgruppe „Flüchtlingszeit“: Kilian Schürger, Lisa Hess, Eva Schlosser und Leopold Spenner (v. l. n. r., Foto: Manuel Balzer)
Die Studentinnen und Studenten der Hochschulgruppe Enactus arbeiten seit eineinhalb Jahren mit den Flüchtlingen und deren Kindern zusammen. Im Projekt ZICzac beispielsweise geben sie Flüchtlingen Sprachkurse oder spielen mit ihnen Fußball. „Dabei lernt man sich kennen und fasst Vertrauen. So haben wir erfahren, wie ausweglos die Situation vieler Flüchtlinge in ihren Heimatländern ist – aber gleichzeitig auch, welch freundliche, starke und oftmals auch gut ausgebildete Menschen sich hinter dem Etikett ‚Flüchtling‘ verbergen“, erzählt Spenner. Die Geschichten, die sie nach Deutschland führten, seien sehr unterschiedlich und oft auch sehr bewegend. Sie aufzuschreiben, kann auch den Flüchtlingen helfen, die Fluchtgründe und -umstände bei ihrer Anhörung schildern müssen.
Inzwischen sind über 30 Geschichten zu Papier gebracht, teils verbunden mit großen Porträtaufnahmen, welche die Menschen dahinter zeigen. Insgesamt arbeiten 18 Studentinnen und Studenten aller Fachrichtungen des KIT mit zahlreichen Flüchtlingen aus Karlsruhe und Umgebung, der Karlsruher Fotografin Lisa Hess und ihrem Projekt Menschengeschichten, Designstudierenden der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG), ehrenamtlichen Unterstützern sowie einem kleinen norddeutschen Verlag an „Flüchtlingszeit“. Staatsministerin Aydan Özoğuz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, verfasst ein Vorwort für das Buch.
Das notwendige Startkapital für Lektorat, Satz des Buches, Beantragung der ISBN-Nummer und Vertrieb hat die Gruppe gerade über die Plattform KITcrowd (www.kitcrowd.de) eingeworben: Das Ziel von 1.500 Euro war bereits nach zwei Wochen erreicht, am Ende der Laufzeit waren 3.164 Euro gesammelt. Bereits im Juli kürte die Crowdfunding-Plattform Startnext, mit der KITcrowd kooperiert, „Flüchtlingszeit“ zum Projekt des Tages.
Bei entsprechenden Erlösen aus dem Buchverkauf soll das Konzept langfristig fortgeführt werden. „Ziel wäre, dass bei einem wöchentlichen Termin Flüchtlinge und interessierte Karlsruher Bürgerinnen und Bürger, Studentinnen und Studenten zusammenkommen, um an Geschichten zu arbeiten. Diese könnten wir dann auf unseren Internetseiten veröffentlichen, den Flüchtlingen helfen sie außerdem weiterhin bei ihrer Anhörung“, sagt Leopold Spenner. Zudem würde der regelmäßige Austausch den Spracherwerb und die Integration fördern – und bei Erfolg ließe sich das Karlsruher Konzept auf weitere Städte übertragen.
Nähere Informationen: www.fluechtlingszeit.de
www.menschengeschichten.tumblr.com
Projektideen realisieren per Crowdfunding
Als eine der ersten deutschen Wissenschaftseinrichtungen betreibt das KIT eine eigene Crowdfundingplattform – über die nicht nur technologische, sondern auch philanthropische Projekte unterstützt werden können. Unter www.kitcrowd.de können Beschäftigte und Studierende des KIT ihre Projektideen aus den Bereichen „Technologie & Gründen“ und „Campus & Community“ vorstellen, Privatpersonen und Unternehmen können diese finanziell und ideell unterstützen. Finden sich viele Unterstützer zusammen, können so auch kleinere Beiträge zu einer erfolgreichen Projektfinanzierung führen. Um alle Möglichkeiten des Crowdfunding zu erschließen, kooperiert das KIT mit kommerziellen Crowdfundinganbietern, wie zum Beispiel der Startnext Crowdfunding GmbH.
Alle Projekte unter www.kitcrowd.de
Das KIT verfügt über umfangreiche fachliche Kompetenzen zur Erforschung, Entwicklung und integrativen Planung der Stadt der Zukunft in allen wesentlichen Aspekten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fünf KIT-Zentren – Klima und Umwelt; Energie; Mobilitätssysteme; Mensch und Technik; Information, Systeme, Technologien – befassen sich aus disziplinärer Perspektive und in inter- und transdisziplinärer Weise mit der Erforschung und nachhaltigen Gestaltung urbaner Räume.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.