Presseinformation 121/2016

Energie-Forscher erhalten 50.000-Euro-Preis der EU

Für die Entwicklung eines supraleitenden Leiterkonzepts mit herausragenden Eigenschaften erhalten KIT und SPC den SOFT Innovation Prize der EU für Fusionsforschung
Der Querschnitt des Kreuzleiters CroCo ist mit dem namensgebenden Kreuz aus supraleitenden Bändern ausgefüllt. Dadurch kann er hohe Ströme tragen. (Bild: KIT)
Der Querschnitt des Kreuzleiters CroCo ist mit dem namensgebenden Kreuz aus supraleitenden Bändern ausgefüllt. Dadurch kann er hohe Ströme tragen. (Bild: KIT)

Den mit 50.000 Euro dotierten SOFT Innovation Prize der EU für Fusionsforschung erhält ein Forscherteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit dem Swiss Plasma Center (SPC). Ein Team des Instituts für Technische Physik des KIT hat ein supraleitendes Leiterkonzept entwickelt, das aufgrund des energieeffizienten Stromtransports als Basiselement für zukünftige Hochstromkabel in Fusionskraftwerken, Industrieanlagen oder Gleichspannungs-Stromnetzen dienen könnte. Der Preis wurde heute während des Symposiums on Fusion Technology (SOFT) in Prag übergeben. 

 

„Nachhaltige Energiequellen und vor allem die zuverlässige Verteilung von Energie sind wichtige Bausteine für die Energiewende“, stellt Professor Holger Hanselka, Präsident des KIT, fest. „Die Auszeichnung unterstreicht, welch wesentlichen Beitrag das KIT zur Forschung, zur Energiewende und zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft leistet.“

 

„Unser neuartiges Leiterdesign mit kreuzförmigen Querschnitt schafft es mehr Strom energieeffizient zu transportieren als vergleichbare Kabel und ist sehr einfach zu fertigen“, freuen sich Dr. Walter Fietz und Dr. Michael Wolf, die Entwickler des CroCo genannten Leiterkonzeptes. „Die Auszeichnung der EU für unser Konzept freut uns und zeigt, wie vielversprechend es für die Anwendung ist.“

 

Der am KIT entwickelte Kreuzleiter (englisch CrossConductor, kurz CroCo) besteht aus bandförmigen Hochtemperatur-Supraleitern (HTS) in zwei verschiedenen Breiten. Diese werden gestapelt und auf voller Länge verlötet, wobei im Querschnitt ein Kreuz entsteht. Durch eine zusätzliche leichte Verdrillung der Bänder werden die magnetischen Eigenschaften des Leiters optimiert. Schließlich wird der Leiter noch in einem Kupferrohr verpackt und die Lücken zwischen Kreuz und Rohr mit Lot gefüllt. „Auf diese Art wird der herstellungsbedingt flache, bandförmige Supraleiter effizient in ein Rundkabel überführt, dessen Form die weitere Verarbeitung mit Standardprozessen enorm erleichtert“, erklären Fietz und Wolf. Mittels des zum Patent angemeldeten Prototypens einer Fertigungsanlage konnten sie zeigen, dass die kontinuierliche Fertigung von CroCo-Leitern aus supraleitenden Bändern auf einfache Weise möglich ist.

 


Der Innenleiter von CroCo ist aus flachen, supraleitenden Bändern unterschiedlicher Breite aufgebaut. (Bild: KIT)

 

Hochtemperatur-Supraleiter sind keramische Werkstoffe, deren vorteilhaften Eigenschaften wie den widerstandslosen Stromtransport bei Temperaturen von typischerweise minus 200 Grad Celsius auftreten. Allerdings lassen sie sich nur als mikrometer-dünne Beschichtung auf Metallbändern in großen Längen herstellen. Die ursprüngliche Idee, flache supraleitende Bänder zylinderförmig mit Kupfer zu ummanteln, stammt aus dem Swiss Plasma Center. Fietz und Wolf nahmen diese auf und haben in mehrjähriger Forschung das CroCo-Konzept entwickelt, das mehr Supraleiter enthält sowie stabiler und einfacher zu fertigen ist, was sie mittels des Prototypens einer Fertigungsanlage zeigen konnten. Energieübertragungskabel auf Basis des CroCo-Konzeptes könnten je nach Kühltemperatur 10- bis 100-mal mehr Strom tragen als ungekühlte Kupferkabel.

 

In Fusionskraftwerken wie ITER werden Hochstromkabel für Ströme bis 68.000 Ampere benötigt, um die supraleitenden Spulen zu versorgen, die das plasmahaltende Magnetfeld erzeugen. Aber auch in energieintensiven Industrieprozessen, etwa in Aluminiumhütten, Rechenzentren, bei der elektrolytischen Abscheidung chemischer Elemente sowie bei der Energieerzeugung in Offshore-Windparks, werden mittlerweile Kabel benötigt, die elektrischen Gleichstrom von 10.000 bis über 100.000 Ampere tragen können. Im Rahmen der Energiewende könnten supraleitende Kabel eingesetzt werden, um Gleichspannungs-Übertragungsnetze einzurichten, die erneuerbare Energien in Zukunft nahezu verlustfrei vom Erzeuger zum Verbraucher leiten. Der Einsatz von Supraleitern könnte helfen, Material- und Installationsaufwand, Platzbedarf und vor allem Übertragungsverluste und Wärmeentwicklung zu minimieren.

 

Der SOFT Innovation Prize zeichnet exzellente Ideen und Entwicklungen aus der Fusionsforschung aus und wird während des Symposiums on Fusion Technology (SOFT) vergeben. Die Auszeichnungskriterien sind Originalität, hervorragende Leistung, wirtschaftliche Relevanz und Erfolgsaussichten. Das Preisgeld soll für Weiterentwicklung und Kommerzialisierung der Technologie eingesetzt werden. Der SOFT Innovation Prize wird unterstützt durch das Horizon2020 Euratom Forschungs- und Bildungsprogramm 2014-2018. www.soft2016.eu

 

Wissenschaftliche Veröffentlichungen zu CroCo:          
ieeexplore.ieee.org/xpl/articleDetails.jsp?arnumber=7399707

 

András Siegler, Direktor für Forschung und Innovation im Energiebereich der Europäischen Kommission, übergibt den Preis an Walter Fietz
András Siegler, Direktor für Forschung und Innovation im Energiebereich der Europäischen Kommission, übergibt den Preis an Walter Fietz. (Quelle: SOST)

 

Die Preisträger des SOFT Innovation Prize 2016 (v.l.n.r.): Walter Fietz, Karine Liger, Silvano Tosti, Alessia Santucci and Jonathan Naish
Die Preisträger des SOFT Innovation Prize 2016 (v.l.n.r.): Walter Fietz, Karine Liger, Silvano Tosti, Alessia Santucci and Jonathan Naish (Quelle: SOST)

 

Seit dem Frühjahr koordiniert das KIT das BMBF-geförderte Konsortium „ENSURE – Neue Energienetzstrukturen für die Energiewende“ im Rahmen der Kopernikus-Projekte für die Energiewende der Bundesregierung. Ziel ist die Entwicklung und Erprobung von effizienten und zukunftsweisenden Strukturen aus zentraler und dezentraler Energieversorgung. Das Konsortium ENSURE will die Frage beantworten: Was ist eine sowohl unter technischen, wirtschaftlichen als auch gesellschaftlichen Aspekten sinnvolle Energienetzstruktur und welche Anteile aus zentraler und dezentraler Versorgung beinhaltet sie?

 

Mehr Informationen:  
kit.edu/kit/pi_2016_049_ensure-will-netze-fuer-die-energiewende-fit-machen.php

 

Details zum KIT-Zentrum Energie: http://www.energie.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

kes, 05.09.2016
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