Hybridfahrzeuge gelten oftmals als das Feigenblatt der Elektromobilität. Dabei fahren Plug-in-Hybride mit einer realen elektrischen Reichweite von etwa 60 Kilometern genauso viel elektrisch wie reine Elektrofahrzeuge und haben damit ein genauso großes Kohlendioxid-Reduktionspotenzial. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Fraunhofer ISI indem sie die Fahrleistung von Batterie- und Plug-in-Hybridfahrzeugen in Deutschland und in den USA verglichen. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt in der Zeitschrift „Nature Scientific Reports“ publiziert.
Neben derzeit etwa 50.000 rein elektrischen Pkw sind auch ungefähr 40.000 Plug-in-Hybridfahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs, die eine Batterie mit einem klassischen Verbrennungsmotor kombinieren. Diese werden sowohl von Umweltverbänden als auch von politischen Entscheidern oft kritisch gesehen, da sie keine „echten“ Elektroautos sind und eine schlechtere Umweltbilanz haben sollen. Bisher gab es aber keinen systematischen empirischen Vergleich der elektrischen Fahrleistung von Batterie- und Hybridfahrzeugen.
Diese Forschungslücke haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) jetzt geschlossen: Sie haben die Fahrleistung von 49.000 Batteriefahrzeugen und 73.000 Plug-In-Hybridfahrzeugen in Deutschland und in den USA verglichen. Die Daten dafür stammen aus Flottentests und von Autoherstellen sowie von Webseiten, die der Verwaltung und Überwachung des eigenen Fahrzeugs dienen.
Die Datenauswertung zeigt: Plug-in-Hybridfahrzeuge mit einer realen elektrischen Reichweite von etwa 60 Kilometern fahren genauso viel elektrisch wie reine Batteriefahrzeuge, nämlich bis zu 15.000 Kilometer pro Jahr. Deshalb ist ihr Kohlendioxid-Reduktionspotenzial ebenso groß wie das von Elektroautos mit reinem Batterieantrieb. Somit sind Plug-in-Hybride eine gute Ergänzung zu reinen Batteriefahrzeugen, um die Treibhausgase zu reduzieren. Dies gilt vor allem dann, wenn sie mit Strom aus Erneuerbaren Energien geladen werden. „Bezieht man noch ein, dass bei der Produktion der deutlich kleineren Batterien von Plug-in-Hybridfahrzeugen weniger Kohlendioxid freigesetzt wird als bei der Produktion der größeren Batterien für Elektrofahrzeuge, haben sie sogar eine bessere Kohlendioxid-Bilanz“, unterstreicht Patrick Jochem, vom Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion des KIT. „Zudem können Hybride zur Vertrauensbildung und Verbreitung der Elektromobilität beitragen, da sie anders als reine Batteriefahrzeuge prinzipiell die gleiche Reichweite wie ein Verbrennungsauto haben.“
Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI betont: „Plug-in-Fahrzeuge sind eine gute Ergänzung zu Batteriefahrzeugen, um das Ziel der Treibhausgasreduktion zu erreichen. Sie wurden aufgrund fehlender empirischer Daten in der Vergangenheit oft zu kritisch gesehen. Wichtig ist aber, dass die Batterie mit einer realen elektrischen Reichweite von mehr als 50 Kilometern groß genug ausgelegt ist und zusätzlich die Dekarbonisierung des Stromsystems weiter vorangetrieben wird.“ Laut der Studie werden die abnehmenden Kohlendioxid-Emissionen während der Batterieproduktion und die zunehmende Verbreitung von Schnellladesäulen diesen Vorteil jedoch in den kommenden Jahren immer mehr in Richtung der reinen Elektrofahrzeuge verschieben.
Die aktuelle Studie wurde im Rahmen des Leistungszentrums „Profilregion Mobilitätssysteme Karlsruhe“ erstellt. Darin führen das KIT und regionale Forschungspartner Kompetenzen zusammen, um effiziente, intelligente und integrierte Lösungen für die Mobilität zu entwickeln. http://www.profilregion-ka.de/
Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt als Open-Access-Artikel „CO2 Mitigation Potential of Plug-in Hybrid Electric Vehicles larger than expected” in der Zeitschrift „Nature Scientific Reports“ veröffentlicht:
https://www.nature.com/articles/s41598-017-16684-9
Details zum KIT-Zentrum Mobilitätssysteme:
http://www.mobilitaetssysteme.kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.