Mit einem neuen Beschichtungsverfahren gelingt einem Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) die bislang schnellste Produktion von Elektroden für Lithium-Ionen-Batterien. Gleichzeitig verbessert das neue Verfahren die Qualität der Elektroden und reduziert die Produktionskosten.
Beim Herstellen von Elektroden für Batterien wird Elektrodenmaterial als dünne Paste in einem rechteckigen Muster auf eine Folie aus Kupfer oder Aluminium aufgetragen. Unterbrochen ist das Muster von kurzen Abschnitten unbeschichteter Folie, die zur Ableitung der Elektronen unerlässlich sind. Für diese Abschnitte muss der Beschichtungsprozess immer wieder unterbrochen und neu gestartet werden. Eine besondere Herausforderung besteht dabei darin, scharfe Kanten ohne ein Verschmieren des Materials bei gleichzeitig sehr hohen Produktionsgeschwindigkeiten zu ermöglichen. „Präzision bei der Elektrodenbeschichtung ist ein ganz wesentlicher Faktor für die Effizienz und die Kosten der gesamten Batteriezellenproduktion“, sagt Professor Wilhelm Schabel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik – Thin Film Technology (TVT-TFT), der am KIT für die Forschung zu diesem Thema verantwortlich ist. „Selbst kleine Produktionsfehler machen Batteriezellen unbrauchbar. Aufgrund des hohen Ausschusses und des geringen Durchsatzes sind Lithium-Ionen-Batterien heute teurer, als es eigentlich notwendig wäre.“ Gerade dieser Bereich ermögliche die höchsten Kosteneinsparungen in der Zellfertigung, betont Schabel.
Schnellere Beschichtung mittels Membrandüse
Eine entscheidende Weiterentwicklung gelang nun dem Doktoranden Ralf Diehm in Schabels Gruppe. Er hat die Düse für das Elektrodenmaterial mit einer schwingenden Membran, die das Auftragen der Beschichtungspaste zyklisch stoppt und wieder startet, ausgestattet und weiterentwickelt. „Da diese Membran im Vergleich zu mechanischen Ventilen viel leichter ist, sind sehr schnelle Reaktionszeiten und somit hohe Geschwindigkeiten möglich“, erklärt Diehm. „Bislang waren Hersteller auf Geschwindigkeiten von etwa 30 bis 40 Meter pro Minute begrenzt. Mit der neuen Technologie erreichen wir bis zu 150 Meter pro Minute bei der Elektrodenbeschichtung.“ Neben einer höheren Produktionsgeschwindigkeit hat ein Wegfall mechanischer Teile in der Auftragsdüse noch weitere Vorteile für die Elektrodenherstellung: Weil sich die Membran viel präziser steuern lässt als mechanische Ventile, verbessert sich die Fertigungsqualität und der Ausschuss verringert sich. Die Technologie soll nun im Rahmen eines Spin-offs von Ralf Diehm und seinem Team vom Labor zur industriellen Produktion überführt werden.
Schnellere Trocknung durch systematische Prozessoptimierung
Damit die Batterieherstellung insgesamt von einer schnelleren Elektrodenbeschichtung profitiere, müsse der Produktionsprozess allerdings an anderer Stelle nachjustiert werden, erklärt Dr. Philip Scharfer, Leiter der Gruppe Thin Film Technology (TFT) am KIT, der gemeinsam mit Professor Schabel seit vielen Jahren zu diesem Thema forscht. „Eine schnellere Beschichtung erfordert kürzere Trocknungszeiten. Andernfalls müssten Trocknerstrecke und damit die gesamte Anlage entsprechend vergrößert werden.“ Auf Basis von grundlegenden Untersuchungen unterschiedlicher Trocknungsbedingungen konnte am KIT bereits eine wissensbasierte Optimierung des Trocknungsprozess erfolgen, der die Trocknungszeit bei gleichbleibenden Elektrodeneigenschaften um etwa 40 Prozent reduziert. Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungscluster ProZell II sollen diese Arbeiten nun gemeinsam mit Partnern von der Technischen Universität Braunschweig und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm weitergeführt werden.
Forschungsplattform CELEST als Technologietreiber
Eine Elektrodenfertigung in Rekordgeschwindigkeit bei gleichzeitig hoher Fertigungsqualität ermöglicht erhebliche Kosteneinsparung für die Zellherstellung. Auf einer typischen Fertigungslinie können Elektroden für bis zu dreimal so viele Batteriezellen hergestellt werden und so dazu beitragen, den wachsenden Bedarf für die Elektromobilität zu decken. Die TFT entwickelt ihre Technologien zur Elektrodenherstellung – auch für zukünftige neue Materialsysteme – als Teil des Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST), einer der weltweit größten Forschungsplattformen im Bereich der Batterieforschung. Neue Erkenntnisse zur Produktionstechnologie fließen zudem direkt in das Exzellenzcluster Post Lithium Storage (POLiS), in dem das KIT gemeinsam mit der Universität Ulm die Batterien der Zukunft entwickelt.
Details zum KIT-Zentrum Energie: http://www.energie.kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.