Der Ausbau erneuerbarer Energien erfordert zukünftig große Speicherkapazitäten. Insbesondere im Hinblick auf Ressourcenknappheit werden deshalb auch Alternativen zur Lithium-Ionen-Technologie erforscht. Im Projekt „BiFlow“ entwickelt das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun gemeinsam mit Partnern ein neuartiges Hybridspeichersystem, das die spezifischen Vorteile der Lithium-Ionen-Batterie sowie der Redox-Flow-Batterie kombiniert und gleichzeitig als Wärmespeicher dient. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Projekt mit über 1,3 Millionen Euro.
Für die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien in Heimspeichern werden bislang vor allem Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt. Sie sind kompakt und vergleichsweise günstig in der Anschaffung. Die bislang weniger etablierte Redox-Flow-Technologie ist hier im Nachteil, hat aber andere Vorteile, die den Einsatz in bestimmten Anwendungsfällen attraktiv machen. „Leistung und Energie in Redox-Flow-Batterien lassen sich beliebig skalieren. Außerdem besitzen sie eine lange Lebensdauer und Zyklenfestigkeit sowie eine besonders hohe Betriebssicherheit“, erklärt Nina Munzke vom Batterietechnikum des KIT, Projektmanagerin im Forschungsprojekt BiFlow. „Wir planen nun die Kombination der beiden Batterietypen. So können wir die spezifischen Vorteile kombinieren und die Nachteile ausgleichen. Zusätzlich wollen wir die Elektrolyttanks der Redox-Flow-Batterie als Wärmespeicher nutzen und damit den Gesamtwirkungsgrad der Anlage erhöhen. Diese Form der Strom-Wärme-Kopplung ist eine Weltpremiere.“
Daten für die Energiewende: Test im Studierendenwohnhaus
Für das Projekt wird vom Projektpartner Storion Energy GmbH (SEG) eine Redox-Flow-Batterie im Studierendenwohnhaus STAGE76 in Bruchsal installiert. Durch die Entwicklung eines speziellen Stacks, dem Energiewandler dieses Batterietyps, kann Storion dabei besonders hohe Leistungsdichten bereitstellen. Das KIT übernimmt die Gesamtintegration und die intelligente Reglung des gesamten Speichersystems. Der weitere Projektpartner Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie – ICT wird eine optimierte Elektrolytzusammensetzung für die Redox-Flow-Batterie erarbeiten, was eine Voraussetzung für die thermische Nutzung darstellt. Der in der Batterie verwendete Elektrolyt muss nicht recycelt werden, sondern kann sogar nach dem Ende der Lebensdauer des Batteriesystems von etwa 20 Jahren wiederverwendet werden, da er sich im Einsatz nicht verbraucht.
Das Speichersystem erhöht insgesamt die Unabhängigkeit des Gebäudes vom Stromnetz. Solarstromüberschüsse, welche die elektrische Kapazität des Hybridspeichersystems übersteigen, werden dabei ebenso für die Wärmeversorgung des Gebäudes nutzbar gemacht wie thermische Verluste beim Be- und Entladen der Redox-Flow-Batterie. Ein großflächiger Einsatz von Messtechnik garantiert eine fundierte Analyse und Visualisierung des Anlagenbetriebs. „Wir freuen uns auf die Forschungsanlage“, sagt Matthias Holoch, der Betreiber des Studierendenwohnhauses. „Sie wird nicht nur wichtige Daten für die Energiewende liefern, sondern die Studierenden auch im Realbetrieb mit Strom und Wärme versorgen.“
Intelligentes Energiemanagement für ein komplexes Gesamtsystem
In das Hybridspeichersystem integriert werden soll außerdem eine Ladeinfrastruktur für Elektroautos mit drei Ladepunkten à 22 Kilowatt Leistung. Diese Ladepunkte werden ebenfalls in die Eigenverbrauchsoptimierung eingebunden und auf Grundlage des Nutzungsverhaltens optimal gesteuert: „Unser Ziel ist ein möglichst ökonomisches Gesamtsystem. Dafür entwickeln wir nicht nur ein optimiertes Speichermanagementsystem sondern auch ein übergeordnetes intelligentes Energiemanagementsystem. Im Sinne der Sektorenkopplung verbindet BiFlow also die Stromversorgung mit Wärme und Mobilität zu einem Gesamtsystem mit hoher Komplexität“, so Dr. Christian Kupper vom Batterietechnikum, der ebenfalls an dem Forschungsprojekt mitarbeitet.
Details zum KIT-Zentrum Energie: http://www.energie.kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.