Der wilde Urwald – gar nicht so wild?

Mithilfe von Daten des Auen-Instituts am KIT weist ein internationales Forscherteam nach, dass bereits Urvölker verschiedene Baumarten im Amazonas-Regenwald domestizierten.

Über sechs Millionen Quadratkilometer erstreckt sich das Amazonasbecken in Südamerika, bedeckt ist es zum großen Teil von Regenwald. Mit seinem Artenreichtum gilt dieser als Paradebeispiel wilder, unberührter Natur. Dass der Mensch dort aber schon seine Spuren hinterlassen hat, bevor Columbus 1492 in Amerika landete, hat nun ein internationales Forscherteam mithilfe von Datensätzen des KIT bestätigt. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Science veröffentlicht.

Feuchtgebiete wie der Amazonas-Regenwald gehören weltweit zu den gefährdetsten Ökosystemen. Zugleich zählen sie zu den artenreichsten und sind für Mensch und Natur in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Ein internationales Forscherteam aus der Botanik und Anthropologie konnte nun nachweisen, dass die Urvölker 85 Baumarten domestiziert haben, das heißt aus Wildformen – etwa Kakao, Açaibeere oder Paranuss – Kulturformen gemacht haben. Im gesamten Amazonasbecken kommen diese domestizierten Arten heute fünfmal häufiger vor als ihre Wildformen, vor allem in der Nähe historischer Siedlungen.

Für ihre Analyse griffen sie auf Daten aus mehr als 1.000 Untersuchungen eines internationalen Netzwerks zurück, das sich mit der Artenvielfalt der Bäume am Amazonas befasst (Amazon Tree Diversity Network). Entsprechende Daten hat dort auch der Geograph Florian Wittmann zur Verfügung gestellt, der seit vergangenem Jahr das Auen-Institut am KIT leitet. Mit seiner Forschungsgruppe hat er in Manaus am Amazonas Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet, überwiegend in Auenwäldern. „Unter anderem markieren wir alle Bäume und bestimmen ihre Art, ihren Durchmesser und die Höhe“, erklärt Wittmann. „Außerdem nehmen wir Umweltbedingungen, wie Überschwemmungshöhe und -dauer, Bodentyp und Nährstoffgehalt auf.“



sw/le, 14.03.2017