Demokratie neu gedacht: KIT testet innovatives Wahlverfahren
Grundlage des Wahlexperiments waren Analysen einer Forschungsgruppe unter Leitung von Prof. Andranik Melik-Tangyan, dass Wähler bei Bundestagswahlen ihre Stimmen häufig entgegen ihren eigenen Interessen vergeben. Um der Frustration am tatsächlichen politischen Handeln der Repräsentanten entgegenzuwirken, schlagen die Wissenschaftler nun die Vergabe einer „Drittstimme“ vor. Statt direkt zu wählen, beantwortet der Wähler dabei programmatische Fragen, die zuvor von den Parteien formuliert und beantwortet wurden. In dem Fragekatalog werden dabei nach einem mathematischen Modell möglichst stark divergierende Standpunkte zwischen den Parteien berücksichtigt. Aus den Antworten der Wähler werden dann Indizes errechnet, welche die Proportionen der parlamentarischen Fraktionen bestimmen. Statt wie bei Wahlen üblich dabei nur die Anzahl der Stimmen für eine Partei zu berücksichtigen, basieren diese zum einen auf dem Gesamtdurchschnitt (Popularität) der Zustimmung zu den Parteipositionen sowie der Frequenz dieser Zustimmung bei den einzelnen Fragen (Universalität). Das Ergebnis eines Praxistests bei den Wahlen zum Studierendenparlament am KIT 2017 zeigt nun, dass so die Meinungen und Wünsche der Wählerschaft tatsächlich besser repräsentiert werden könnten. Die Größe der in Parlamenten vertretenen Fraktionen würde sich angleichen und die Bildung von Koalitionen bzw. regierungsfähigen Mehrheiten würde erleichtert.
- Zur Webseite des Drittstimmen-Experiments
- Zum Paper von Prof. Andranik Melik-Tangyan zum Drittstimmen-Experiment
mhe, 11.09.2017