Frei Otto ist einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Zu seinen bekanntesten Bauten gehört die Überdachung des Münchner Olympiageländes. Zuletzt entwarf er die Lichtaugen für das Projekt Stuttgart 21. Das Werkarchiv Frei Otto mit mehr als 400 Modellen übergibt der heute 86-Jährige an das saai Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT. Bei einem Pressegespräch am Mittwoch, 6. Juli, um 11 Uhr in der Karlsruher Staatlichen Münze (Stephanienstraße 28 a) stellt das saai die Sammlung vor.
Gesprächspartner sind neben Frei Otto selbst, Professor Johann Josef Böker, Leiter des saai, Dr. Joachim Kleinmanns, wissenschaftlicher Mitarbeiter des saai, sowie der Stuttgarter Architekt und Wissenschaflter Professor Roland Ostertag. Zudem wird es eine Führung durch das Werkarchiv Frei Otto geben. Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind hierzu herzlich eingeladen.
Frei Otto ist Architekt, Ingenieur, Konstrukteur, Erfinder und Wissenschaftler. Im vergangenen Jahrhundert hat er im Besonderen die Entwicklung der modernen Architektur und des Ingenieurwesens maßgebend beeinflusst. Bereits seit 1970 hat er auf Ressourcenschonung, energiesparendes Planen sowie Klima- und Umweltschutz beim Bauen aufmerksam gemacht. An diesen Themen hat er intensiv gearbeitet, etwa im Bereich von Entwicklung und Erfindung zukunftsweisender, effizienter, energetischer Konstruktionen.
Bereits im Februar dieses Jahres kamen 429 Architekturmodelle aus dem Atelier Frei Otto in Warmbronn an das KIT. Die weiteren Materialien wie Skizzen und Pläne, Akten, Fotos und Belegexemplare werden nach und nach folgen. „Sobald diese Dokumente in Karlsruhe sind, können wir mit der Erschließung des Materials, die Voraussetzung für die Benutzung ist, beginnen“, sagt der Leiter des saai Professor Johann Josef Böker.
Das KIT hat das Werkarchiv mit finanzieller Hilfe des Landes Baden-Württemberg erworben und an das saai übergeben. Zahlreiche, auch internationale Einrichtungen wie das Centre Pompidou in Paris hatten sich um die Sammlung bemüht. Dass sie im Land bleibt, ist ist unter anderem dem Stuttgarter Architekten und Wissenschaftler Professor Roland Ostertag zu verdanken, der sich für den Erhalt am Universitätsstandort Baden-Württemberg einsetzte. „Das ist eine Investition mit Perspektive, in die Zukunft, in die Forschung, in die Bildung und Ausbildung zukünftiger Generationen“, so Ostertag. Die Entscheidung für das saai fiel aufgrund des überzeugenden Konzepts: Während es den meisten der Mitbewerber um eine museale Präsentation von einzelnen besonders wertvollen Modellen in Ausstellungen ging, soll der Bestand in Karlsruhe langfristig der Forschung als Grundlage dienen. „Dafür werden auch der Akten- und Planbestand von zentraler Wichtigkeit sein“, sagt Dr. Joachim Kleinmanns, wissenschaftlicher Mitarbeiter des saai. „Denn er macht den tatsächlichen Planungsprozess in allen Einzelschritten nachvollziehbar.“ Der Bestand wird in den Räumen der Staatlichen Münze Karlsruhe für wissenschaftliche, didaktische und künstlerische Zwecke bei Voranmeldung allgemein zugänglich sein.
Nach einer Aufarbeitungsphase in den nächsten Jahren sollen in der Folgezeit mehrere Forschungsprojekte des saai und externer Forscher zu unterschiedlichen Teilaspekten des Werkes von Frei Otto eingerichtet werden. Darüber hinaus steht das Werkarchiv als Lehrmaterial den verschiedenen Einrichtungen des KIT wie auch anderen Institutionen zur ständigen Verfügung. Das saai versteht sich dabei als Koordinationspartner für Forschung und Lehre zum Werk von Frei Otto. Die Einrichtung ist eines der bedeutendsten und größten Architekturarchive Deutschlands. Es bewahrt Bestände von über 200 Architekten und Ingenieuren mit über 1 Million Dokumenten.
Zur Person Frei Otto
Der 1925 in Siegmar in Sachsen geborene Frei Otto studierte an der TU Berlin Architektur und begann 1952 seine Karriere als Freier Architekt. 1958 gründete er in Berlin die „Entwicklungsstätte für den Leichtbau“, 1964 wurde er zum Leiter des Instituts für leichte Flächentragwerke an die TH Stuttgart berufen. In Stuttgart lehrte er von 1976 bis 1991 als Ordentlicher Professor. Dort rief er auch die Sonderforschungsbereiche „Weitgespannte Flächentragwerke“ (ab 1971) und „Natürliche Konstruktionen“ (ab 1984) ins Leben. Zu seinen bedeutendsten Bauten zählen der Deutsche Pavillon der Weltausstellung in Montreal 1967 (mit Rolf Gutbrod), die Überdachung des Olympiaparks in München (mit Behnisch & Partner, 1968-1972), die Sporthalle der King-Abdul-Aziz-Universität in Jeddah (mit Rolf Gutbrod, 1976-1981) und der Diplomatische Club in Riyadh (mit dem Büro Omrania, Riyadh; 1980-1986), beide in Saudi-Arabien. Zuletzt war Frei Otto vor allem durch den Wettbewerbsentwurf zu Stuttgart 21 (mit Ingenhoven, Overdiek und Partner) erfolgreich.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.