180 Tage oder 4300 Stunden – so lange steht der Essener Supraleiter AmpaCity nun unter Strom. Am heutigen Montag, 27. Oktober ziehen die Projektpartner, darunter das Karlsruher Institut für Technologie, eine positive Zwischenbilanz. Der Supraleiter transportiert fünf Mal mehr Strom als herkömmliche Kupferkabel und das nahezu verlustfrei. Seit Inbetriebnahme am 30. April diesen Jahres hat das einen Kilometer lange Kabel rund 20 Millionen Kilowattstunden verteilt, was dem Anschluss von etwa 10.000 Essener Haushalten entspricht.
„Das Projekt AmpaCity zeigt, dass es in Deutschland möglich ist, Grundlagenforschung in die Anwendung zu bringen“, freut sich Mathias Noe, Leiter des Instituts für Technische Physik am KIT und Projektpartner bei AmpaCity. „Forschung trägt zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen wie der Energiewende bei. Insbesondere, wenn es in enger Kooperation von anwendungsorientierter Grundlagenforschung des Staates und innovativer Industrieentwicklung passiert.“
Nach 180 Tagen Betrieb haben die Projektpartner nun ein erstes Fazit gezogen. „Der Betrieb verläuft bisher reibungslos. Wir haben wertvolle technologische Erkenntnisse gesammelt, die uns dabei geholfen haben, das Gesamtsystem des Supraleiters weiter zu optimieren“, sagte Dr. Joachim Schneider, Technikvorstand der RWE Deutschland. So nahmen die Projektpartner Änderungen in der Systemüberwachung vor, um den Supraleiter optimal in das Schutzsystem des Essener Stromnetzes einzubinden. Zudem passten sie den Kühlkreislauf des Kabels den speziellen Anforderungen von AmpaCity an.
Fördermittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) hatten das mittlerweile weltweit beachtete Vorzeigeprojekt AmpaCity ermöglicht. „Die Energiewende braucht mutige Innovationen, um das Energiesystem von morgen effizient und sicher zu gestalten. Daher haben wir dieses exzellente Projekt bewusst für die Förderung durch unser Energieforschungsprogramm ausgewählt“, sagte Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie während seines Besuches in Essen.
Das BMWi steuerte 5,9 Millionen Euro zu den 13,5 Millionen Euro bei, die die Projektpartner in das Vorhaben investierten. Diese sind RWE als Netzbetreiber, der Kabelhersteller Nexans und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das den Feldversuch wissenschaftlich begleitet.
Dem Projekt AmpaCity ging unter Federführung des KIT eine ausführliche Studie zur technischen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit einer Supraleiterlösung auf der innerstädtischen Mittelspannungsebene voraus. Supraleiterkabel sind die sinnvollste Möglichkeit, den Einsatz von Hochspannungskabeln in städtischen Netzen zu reduzieren, die Netzstruktur zu vereinfachen und die ressourcen- sowie flächenintensiven Umspannstationen zurückzubauen. Zwar ist die Übertragung hoher Leistungen in Innenstädten auch mit Kupfer-Mittelspannungskabeln möglich, der Kosteneffizienz dieser Lösung stehen jedoch sehr viel höhere ohmsche Verluste gegenüber. Die Vorstudie zeigt auf, welche Vorteile es bietet, ein innerstädtisches Verteilnetz weitgehend auf 10.000-Volt-Supraleiter umzustellen und die Hochspannungsanlagen zurückzubauen. Dies würde mittelfristig zu mehr Effizienz, einem schlankeren Netz, sowie niedrigeren Betriebs- und Instandhaltungskosten bei gleichzeitig geringerem Flächenverbrauch in den Innenstädten führen.
Die Hochtemperatur-Supraleitung und damit der Stromtransport bei minus 200 statt bei minus 270 Grad Celsius geht zurück auf die Forschung von Professor Alex Müller und Dr. Johannes Georg Bednorz, die dafür im Jahr 1987 den Physiknobelpreis erhielten. Durch die Eigenschaften des supraleitenden Materials, einer besonderen Keramik, und dessen Kühlung auf minus 200 Grad Celsius wird das Kabel zu einem idealen elektrischen Leiter. In Essen ersetzt das 10.000-Volt Supraleiterkabel eine herkömmliche 110.000-Volt-Leitung.
Die technologischen Erkenntnisse des Projektes stoßen auch im In- und Ausland auf großes Interesse. So ließen sich Delegationen aus Frankreich, Ghana, den USA, China und Japan bereits die Technologie in Essen vor Ort erklären.
In der Energieforschung ist das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine der europaweit führenden Einrichtungen. Das KIT unterstützt die Energiewende und den Umbau des Energiesystems in Deutschland durch seine Aktivitäten in Forschung, Lehre und Innovation. Hier verbindet das KIT exzellente technik- und naturwissenschaftliche Kompetenzen mit wirtschafts-, geistes- und sozialwissenschaftlichem sowie rechtswissenschaftlichem Fachwissen. Die Arbeit des KIT-Zentrums Energie gliedert sich in sieben Topics: Energieumwandlung, erneuerbare Energien, Energiespeicherung und Energieverteilung, effiziente Energienutzung, Fusionstechnologie, Kernenergie und Sicherheit sowie Energiesystemanalyse. Klare Prioritäten liegen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien, Energiespeicher und Netze, Elektromobilität sowie dem Ausbau der internationalen Forschungszusammenarbeit.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.