Presseinformation 111/2020

Kompostierbare Displays für nachhaltige Elektronik

Forschende des KIT entwickeln gedrucktes Display, das biologisch abbaubar ist – Veröffentlichung im Journal of Materials Chemistry
Das bioabbaubare Display kann aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit und Adhäsion direkt auf der Hand getragen werden. (Foto: Manuel Pietsch, KIT)
Das bioabbaubare Display kann aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit und Adhäsion direkt auf der Hand getragen werden. (Foto: Manuel Pietsch, KIT)

In den kommenden Jahren drohen die zunehmende Verwendung elektronischer Geräte in Gebrauchsgegenständen sowie neue Technologien im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge, die Produktion von Elektronikschrott zu erhöhen. Eine umweltfreundlichere Produktion und ein nachhaltigerer Lebenszyklus sind hier von entscheidender Bedeutung, um Ressourcen zu sparen und Abfallmengen zu minimieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist es erstmalig gelungen, Displays zu produzieren, deren Bioabbaubarkeit von unabhängiger Seite geprüft und bestätigt wurde. Ihre Ergebnisse haben veröffentlichen sie im Journal of Materials Chemistry veröffentlicht (DOI: 10.1039/d0tc04627b)

„Mit unserer Entwicklung konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass es möglich ist, nachhaltige Displays aus überwiegend natürlichen Materialien mithilfe industriell relevanter Fertigungsmethoden herzustellen. Sie tragen nach Gebrauch daher nicht zum Elektroschrott bei, sondern können im Gegenteil kompostiert werden. Dies könnte in Kombination mit Recycling und Wiederverwendbarkeit dazu beitragen, einige der Umweltauswirkungen von Elektroschrott zu minimieren oder ganz zu verhindern“, beschreibt Manuel Pietsch, Erstautor der Publikation und Forscher des Lichttechnischen Instituts (LTI) des KIT am InnovationLab in Heidelberg, die Vorteile der neuen Entwicklung.

Geringer Energieverbrauch, simple Bauteilarchitektur

Die Funktion des Displays basiert auf dem sogenannten elektrochromen Effekt des verwendeten organischen Ausgangsmaterials. Legt man daran eine Spannung an, führt das zu einer veränderten Aufnahme von Licht und damit zu einer Farbänderung im Material. Elektrochrome Displays zeichnen sich gegenüber kommerziell erhältlichen Displays, wie LEDs, LCDs und E-Paper, durch einen geringen Energieverbrauch und eine simple Bauteilarchitektur aus. Ein weiterer Vorteil: Diese Displays lassen sich im Tintenstrahldruckverfahren herstellen und ermöglichen dadurch eine maßgeschneiderte, kostengünstige und materialeffiziente Produktion. Außerdem ist dieses Verfahren auch für skalierende Prozesse mit hohem Durchsatz geeignet. Die verwendeten Materialien sind hauptsächlich natürlichen Ursprungs oder biokompatibel. Durch die Versiegelung mit Gelatine wird das Display außerdem adhäsiv und anpassungsfähig und lässt sich dadurch zudem auf verschiedenen Körperstellen direkt auf der Haut tragen.

Einsatz in Medizindiagnostik und Lebensmittelverpackungen

Das Display ist generell für kurzlebige Anwendungen als Indikator für Sensoren oder einfache Anzeigen in verschiedenen Bereichen geeignet. Vor allem bei diagnostischen Anwendungen, bei denen die Hygiene eine wichtige Rolle spielt, müssen die Sensoren zusammen mit deren Indikatoren nach jeder Anwendung aufwendig gereinigt oder entsorgt werden. Im Falle des neu entwickelten Displays entsteht hierbei kein Elektroschrott, sondern es kann einfach kompostiert werden. Auch im Bereich von Verpackungen für Lebensmittel, die nicht wiederverwendet werden dürfen, könnte das Display als kompakte Anzeige für qualitätsüberwachende Sensoren verwendet werden. Das digitale Druckverfahren ermöglicht zudem die individuelle Anpassung an Personen oder komplizierte Formen ohne eine teure Prozessumgestaltung, was erneut Ressourcen schont.

„Die, soweit uns bekannt, erste Demonstration eines tintenstrahlgedruckten, biologisch abbaubaren Displays, kann daher zu nachhaltigen Innovationen in weiteren elektronischen Bauteilen ermutigen und damit den Weg zu umweltfreundlicherer Elektronik ebnen“, so Gerardo Hernandez-Sosa, Leiter der Printed Electronics Group des LTI am InnovationLab in Heidelberg.

Originalpublikation:
Manuel Pietsch, Stefan Schlisske, Martin Held, Noah Strobel, Alexander Wieczorek, Gerardo Hernandez-Sosa: Biodegradable inkjet-printed electrochromic display for sustainable short-lifecycle electronics. Journal of Materials Chemistry, DOI: 10.1039/d0tc04627b

https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2020/TC/D0TC04627B#!divAbstract

 

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

rl, 09.12.2020
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