KIT holt herausragenden Experimentalphysiker nach Deutschland zurück
Deutschlands höchstdotierter Preis für Forscher aus dem Ausland ging am 3. Mai in Berlin an Professor Wolfgang Wernsdorfer. Der Begründer der molekularen Spin-Elektronik kehrt nun von Frankreich nach Deutschland zurück: Ab 1. Juni wird Wernsdorfer am KIT an der Entwicklung künftiger Quantencomputer forschen. Den Forschungspreis, dotiert mit einem Preisgeld von fünf Millionen Euro, überreichten die Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung Cornelia Quennet-Thielen und der Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung Professor Helmut Schwarz.
„Wolfgang Wernsdorfer ist die perfekte Ergänzung für das KIT“, sagt der Präsident des KIT Professor Holger Hanselka. „Eines unserer Ziele ist es, mit Blick auf die globalen Herausforderungen der Menschheit maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Wir freuen uns daher sehr, Herrn Wernsdorfer als international renommierten Experten auf den Gebieten der Elektronik, Spinphysik und Quantencomputing künftig in Karlsruhe zu haben.“
Wolfgang Wernsdorfer kommt vom Institut NÉEL des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich zurück nach Deutschland ans KIT. Sein Spezialgebiet ist die molekulare Quanten-Spintronik, ein Gebiet der experimentellen Festkörperphysik an der Schnittstelle zur Chemie und zu den Materialwissenschaften. Er gehört zu den international führenden Experten für molekulare Nanomagnete und ihren Einsatz in Quanten-Rechner-Systemen. Durch seine bahnbrechenden Experimente hat Wernsdorfer das Gebiet des Quantenmagnetismus geprägt und maßgeblich weiterentwickelt. Er fand heraus, wie sich molekulare Magnete unter den Gesetzen der Quantenmechanik verhalten. So schaffte er es, elektronische Schaltkreise mit einzelnen Molekülen zu bauen, in denen der elektrische Strom durch die Magnetisierung des Moleküls gesteuert werden kann.
Wernsdorfers nächstes Ziel ist, extrem kleine und schnelle molekulare Quantenprozessoren in die hochentwickelte Chip-Technologie der Mikroelektronik zu integrieren. Damit ließen sich Quantencomputer realisieren, die auf magnetischen Molekülen und Kernspins basieren und den klassischen Computern sowohl in der Schnelligkeit als auch in der energetischen Effizienz deutlich überlegen wären, wenn sie in geeigneter Weise und Zahl miteinander verbunden werden können. Ziel ist, molekulare Nanomagnete, gekoppelt an Halbleitertransistoren, in künftigen Quantencomputern einzusetzen.
Derzeit kann Wernsdorfer in seinen Nanomagneten vier Spin-Zustände quantenmechanisch kontrollieren. Damit ist ein Grundbaustein des Quantencomputers gegeben: das qubit. „Meine Zukunftsvision ist es, zu testen, wie viele qubits wir verschalten können und wie wir dann diese Quantensysteme anwenden können“, sagt Wolfgang Wernsdorfer, der am KIT im Physikalischen Institut integriert ist und ebenso die Möglichkeiten des interdisziplinären Instituts für Nanotechnologie und der Theoretischen Festkörperphysik nutzen wird.
Zur Person
Wolfgang Wernsdorfer, 1966 in Deutschland geboren, startete nach einer Ausbildung zum Elektriker und der Berufsoberschule sein Studium der Physik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und beendete es an der angesehenen École Normale Supérieure in Lyon, Frankreich. 1993 wechselte er als Doktorand an das Tieftemperaturlabor und das Laboratoire de Magnetism in Grenoble, Frankreich – zwei der Institute, aus denen 2007 das Institut Néel hervorging. Seit 2008 ist Wernsdorfer als Directeur de recherche première classe im Institut NÉEL des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich tätig. Am KIT wird er ab 1. Juni 2016 ein bislang einzigartiges Zentrum für molekulare Quantenspintronik aufbauen.
Wernsdorfer erhielt zahlreiche hochrangige Auszeichnungen und Preise wie den Agilent Europhysics Prize, Olivier Kahn International Award, einen ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats oder den Prix Spécial der Société Française de Physique.
Informationen zur Alexander von Humboldt-Professur.
Weitere Informationen in der Pressemitteilung 070/2016.
lg, 04.05.2016