200 Jahre Pioniergeist: Wenn die Chemie stimmt

Die Karlsruher Chemie-Pioniere Karl Weltzien, Lothar Meyer, Hans Bunte und Carl Engler und ihre bahnbrechenden Beiträge zur Wissenschaft.
Collage eines Schwarzweiß-Porträts von Lothar Meyer (links) und Periodensystem (rechts) KIT-Archiv/Wikipedia
Lothar Meyer und ein Ausschnitt einer frühen Version des Periodensystems der Elemente aus seinem Buch „Die modernen Theorien der Chemie“

Die Chemie bot während der Frühindustrialisierung Lösungen für die begrenzten natürlichen Rohstoffe Deutschlands: Chemikalien wie Pottasche und Soda waren essenziell für die Ledergerbung sowie die Herstellung von Leinen, Glas, Seife und Schießpulver. Herausforderungen bestanden in der Entwicklung neuer Verfahren und der Trennung von Chemie und Maschinenbau. Die systematische Forschung und Differenzierung der Fächer durch Pioniere wie Karl Weltzien und den Maschinenbauer Ferdinand Redtenbacher waren wegweisend für den industriellen Fortschritt.

Erster Weltkongress der Chemie in Karlsruhe

Weltzien legte den Grundstein für die chemische Forschung am KIT. Er richtete zunächst bei sich zu Hause ein privates Labor ein, damit die Studenten praktisch üben konnten, und setzte sich gemeinsam mit Redtenbacher für die Trennung von Chemie und Maschinenbau ein, die damals didaktisch eng verbunden waren. 1851 richtete das Polytechnikum ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes, modernes chemisches Labor ein, das Karlsruhe zu einem Zentrum der Chemieforschung machte.
Eine Folge dieser Entwicklung war der weltweit erste Fachkongress der Chemie im September 1860 in Karlsruhe. Organisiert von Weltzien und August Kekulé, versammelte sich die Elite der internationalen Chemie, um Begriffe und Symbole wie Atom, Molekül oder Basizität zu harmonisieren, denn diese waren damals noch nicht definiert. Obwohl die Forschenden nicht alle Fragen klären konnten, war die schlimmste Zeit der Verwirrung überwunden, wie Carl Engler (1842-1925), der „Nestor“ der Karlsruher Chemie, rückblickend bemerkte.

Karlsruhe als Brutstätte chemiewissenschaftlicher Durchbrüche

Engler forschte an Farbstoffen und Problemen der Farbenindustrie. 1884 begann er mit der Erdölforschung und gilt als Begründer der deutschen Mineralölwissenschaften. Als Aufsichtsratsmitglied der BASF bahnte er die industrielle Nutzung bahnbrechender Entdeckungen Karlsruher Wissenschaftler an. Etwa die Herstellung von Stickstoffdünger beruhend auf den Forschungen von Fritz Haber.

Lothar Meyer trat 1868 Weltziens Nachfolge an. Sein Werk „Die modernen Theorien der Chemie“ enthielt die erste Version eines Periodensystems. Überlegungen zu den Elementen der heutigen Hauptgruppen, sortiert nach Atomgewicht und Wertigkeit, präsentierte er 1869 Damit konnte Meyer die Eigenschaften der bis dahin unbekannten Elemente Gallium, Scandium und Germanium voraussagen.

Hans Bunte, Experte für Gas-, Brennstoff- und Feuerungstechnik, wurde 1887 auf den Lehrstuhl für Chemische Technologie berufen. Bunte schuf theoretische Grundlagen für die Wärmeerzeugung und bestimmte erstmals den Heizwert vieler Brennstoffe. Zudem entwickelte er Kohleveredlungsverfahren, mit deren Hilfe er Benzin, Stadtgas oder Grundchemikalien wie Aromaten oder Phenol erzeugen konnte. Zu einer Zeit, in der Erdöl noch nicht so verbreitet war, war die Bedeutung dieser Verfahren enorm. So machte Bunte Karlsruhe zu einem Zentrum der deutschen Energiewirtschaft.

Neugierig geworden? Mehr über die aufregende Geschichte des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und seine prägenden Persönlichkeiten erfahren Sie in der umfassenden KIT History, die Sie online bestellen können.

Verpassen Sie auch nicht die 200 Jahre-Website des KIT, die ständig aktuell über das Jubiläumsprogramm mit einer Vielzahl von Ausstellungen, Experimenten, Besichtigungen, multimedialen Erlebnissen, Festveranstaltungen und anderen spannenden Formaten informiert.

mex, 21.03.2025

Foto:

Meyer: KIT-Archiv;
Periodensystem: Wikipedia, zuletzt abgerufen am 21.03.2025, https://en.wikipedia.org/wiki/Lothar_Meyer#/media/File:Periodic_table_Meyer_1864.png, Public Domain, CC BY-SA 4.0;
Collage: KIT