Notfallrettung: Schnell muss nicht immer besser sein
Bei plötzlicher Krankheit oder Unfällen gilt schnelle Hilfe als wesentlich für die Genesung. Rettungswagen sollen in Baden-Württemberg deshalb möglichst in zehn Minuten am Einsatzort sein. Angesichts steigender Einsatzzahlen und längerer Wege zu Krankenhäusern infolge von Klinikschließungen fällt es Rettungskräften immer schwerer, diese Frist einzuhalten. Dabei ist Schnelligkeit für viele Behandlungen als Erfolgsfaktor gar nicht so wichtig. Deshalb sollen andere Einflüsse, wie die Zeit zwischen dem Eingang des telefonischen Notrufs und dem Eintreffen des Rettungswagens an der Klinik, bei der logistischen Planung des Rettungsdienstes stärker berücksichtigt werden. Wie das gehen könnte, ermitteln jetzt Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
„Bei schwerwiegenden Verletzungen oder Krankheitsfällen kann das Einhalten der Hilfsfrist das Behandlungsergebnis positiv beeinflussen, bei der großen Mehrheit der Notfallsituationen ist jedoch nicht erkennbar, dass ein Zusammenhang zwischen der Einhaltung der Hilfsfrist und dem Behandlungsergebnis besteht“, sagt Stefan Nickel, Leiter des Instituts für Operations Research am KIT.
Heute sei die logistische Planung im Rettungsdienst aber maßgeblich auf die Erreichung der Hilfsfrist ausgerichtet, so der Experte. Diese berücksichtige daher nicht alle tatsächlichen Anforderungen des Rettungsdienstes, wie etwa mögliche Unterschiede in der Versorgungsqualität zwischen städtischem und ländlichem Raum, ergänzt Sven Watzinger vom IOR. Ziel sei es nun, neue Planungskriterien für rettungsdienstliche Strukturen im Land zu entwickeln und zu untersuchen. Die Erkenntnisse werden dann in einer Simulation geprüft, bevor sie im realen System umgesetzt werden.
Mitfinanziert wird das Projekt durch Landesmittel in Höhe von etwa 220 000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren.
mex, 24.06.2021