Teilchenphysik: Geisterteilchen aus der Milchstraße
Am IceCube-Neutrino-Observatorium in der Antarktis haben Forschende erstmals Neutrinos aus der Milchstraße nachgewiesen. Dieser Erfolg eröffnet eine bisher unerreichte Perspektive auf die kosmische Strahlung. Rund 350 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der IceCube-Kollaboration, an der neben mehreren deutschen Universitäten auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist, haben mithilfe dieser Neutrinos eine neuartige Abbildung der Milchstraße geschaffen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in einer Publikation in Science.
Entdeckung der Neutrinos aus der Milchstraße bestätigt Vorhersagen
Der IceCube-Detektor umfasst einen Kubikkilometer Eis und besteht aus mehr als 5 000 in das Eis eingelassene lichtempfindlichen Sensoren. Die Energie der dadurch nachgewiesenen Neutrinos ist millionen- bis milliardenfach größer als die, die bei Fusionsreaktionen im Inneren der Sonne entstehen. „Das Signal steht im Einklang mit der diffusen Emission von Neutrinos, welche in Kollisionen von kosmischer Strahlung mit interstellarem Gas in der Milchstraße erzeugt werden, könnte aber auch aus einer Population unaufgelöster Punktquellen stammen“, so Ralph Engel, Leiter des Instituts für Astroteilchenphysik am KIT und Mitautor der Originalpublikation.
Die Neutrinos ermöglichen wertvolle Erkenntnisse über hochenergetische Teilchen – die kosmische Strahlung. Obwohl Neutrinos nahezu ungehindert durch Materie dringen, interagieren gelegentlich einige von ihnen mit dem instrumentierten Eisvolumen des Detektors oder seiner Umgebung. Dies kann zur Entstehung von geladenen Elementarteilchen wie Elektronen führen, die Lichtblitze im transparenten Eis erzeugen und somit Rückschlüsse auf die Herkunft der Neutrinos ermöglichen. Die Entdeckung der Neutrinos aus der Milchstraße bestätigt Vorhersagen aufgrund von Beobachtungen kosmischer Strahlung und energiereicher Gammastrahlung.
Das IceCube-Neutrino-Observatorium steht bei der US-amerikanischen Amundsen-Scott-Südpolstation und wurde von der National Science Foundation gebaut. 14 Länder sind mit verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen an der Station beteiligt. Aus Deutschland sind das zehn Universitäten sowie die Helmholtz-Forschungszentren DESY und KIT. Die weitere Entwicklung des IceCube-Detektors und die wissenschaftliche Auswertung der erfassten Daten werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.
slo, 30.08.2023