In unserem Informationszeitalter ist die Steigerung der Speicherkapazitäten eine zentrale Herausforderung für Wissenschaft und Technik. Ein deutsch-italienisches Forscherteam verfolgt dabei das Konzept der „nanostrukturierten Speicherdomänen“. Wie die Wissenschaftler um Mario Ruben vom Karlsruher Institut für Technologie und Massimiliano Cavallini vom National Research Council (CNR) in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, gelang es ihnen, verlässliche Nanomuster einer so genannten Spinübergangsverbindung auf Siliziumoxid-Chips herzustellen. Dies ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer neuen Generation molekularer Speichermedien, bei denen binäre Daten durch das „Umschalten“ von Elektronenspins gespeichert werden.
Derzeitige Computerfestplatten speichern Daten, indem die Oberfläche einer rotierenden Scheibe magnetisiert wird. Jede „Speicherzelle“ hat eine „Adresse“, so dass direkt auf die gespeicherten Daten zugegriffen werden kann. Um die Speicherkapazität zu erhöhen, werden die einzelnen magnetisierbaren Bereiche immer kleiner gemacht. Allerdings ist das Limit bald erreicht. Durch thermische Anregung kippen gelegentlich einige der magnetischen Partikel in die andere Richtung. Bei sehr kleinen Domänen kann die ganze Zelle rasch ihre Magnetisierung verlieren. Die gespeicherte Information geht dann verloren.
Um noch größere Informationsdichten zu erzielen, kann man auch auf andere schaltbare Stoffeigenschaften umsteigen, beispielsweise den Übergang zwischen zwei Spinzuständen. So können Eisen(II)-Verbindungen in einem hohen und einem niedrigen Spinzustand vorliegen. Das „Umschalten“ (Flip) zwischen diesen beiden Zuständen kann durch Temperatur, Druck und elektromagnetische Strahlung ausgelöst werden.
Für einen Datenspeicher werden aber nicht nur zwei unterscheidbare Zustände für 0 und 1 gebraucht, sondern auch eine eindeutige „Adresse“ für jede Speicherzelle, die von den optischen Schreib- und Leseeinheiten des Computers identifiziert werden kann. Dafür ist ein „Interface“ notwendig, das die nanoskopischen Spinzustandsübergänge der molekularen Schalteinheiten mit der mikroskaligen Geräteumgebung in Einklang bringt. Dies kann gelingen, wenn die Spinübergangsverbindung in eine hochgeordnete Mikro- und Nanostruktur gebracht werden kann.
Mithilfe spezieller unkonventioneller mikro- und nanolithographischer Methoden gelang es dem Forscherteam, einen neutralen Eisen(II)-Komplex in Form feinster Linien auf einen Siliziumwafer zu „drucken“. In einem Selbstorganisationsprozess richten sich die Nanokristalle dabei in einer bevorzugten Orientierung entlang der Linie aus. Außerdem gelang es ihnen, das Muster einer bespielten CD in einen Film der Eisenverbindung zu übertragen. Das beweist zum ersten Mal, dass es möglich ist, mit einer Spinübergangsverbindung lesbare logische Muster zu erzeugen. Das Beschreiben und Auslesen dieser Nanostrukturen unter Raumtemperaturbedingungen für zukünftige Anwendungen ist zurzeit in Bearbeitung.
Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Karlsruhe zusammen. Damit wird eine Einrichtung international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften aufgebaut. Im KIT arbeiten insgesamt 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 700 Millionen Euro. Das KIT baut auf das Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Die Karlsruher Einrichtung ist ein führendes europäisches Energieforschungszentrum und spielt in den Nanowissenschaften eine weltweit sichtbare Rolle. KIT setzt neue Maßstäbe in der Lehre und Nachwuchsförderung und zieht Spitzenwissenschaftler aus aller Welt an. Zudem ist das KIT ein führender Innovationspartner für die Wirtschaft.
jh, 27.10.2008