„Universität und Forschungszentrum sind Geschichte und wir beginnen eine neue Zeitrechnung“, so begrüßte Professor Horst Hippler die Gäste der Akademischen Jahresfeier 2009. Professor Eberhard Umbach und er führten als neue Doppelspitze des KIT vor knapp 600 Gästen durch die erste Jahresfeier im KIT-Zeitalter. Umbach verglich den Fusionsprozess mit einer Bergexpedition mit unwegsamen Gelände auf dem Weg: Aber das Ziel sei es Wert, alle Strapazen auf sich zu nehmen.
„Jeder Teilnehmer einer Bergexpedition kennt das Gefühl, vor einer großen Herausforderung zu stehen.“ Dabei sei der erste Gipfel nur ein Vorgipfel – beim Bergsteigen oft ein Punkt des Innehaltens und auch des Zweifels. Aber jeder Bergsteiger kenne auch das Hochgefühl des Gipfelsiegs. So habe das KIT über viele Stationen einen ersten Vorgipfel erreicht. Wichtige Stationen waren im vergangenen akademischen Jahr die einstimmige Verabschiedung des KIT-Zusammenführungsgesetzes durch den Landtag und die Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Land sowie die offizielle Gründung des KIT am 1. Oktober. „Mit der Parabel der Bergexpedition will ich sagen“, so KIT-Präsident Umbach: „Wir sind noch lange nicht am Ziel!“
Die Stadt unterstütze das KIT auf diesem Weg, so Oberbürgermeister Heinz Fenrich. Die Gründung des KIT stärke die Innovationskraft von Stadt sowie Region und verschaffe der Hochschullandschaft ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht nur die hochkarätige Forschung am KIT, sondern auch die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sei dabei ein wichtiger Faktor für die Technologieregion Karlsruhe. Die internationale Ausrichtung des KIT sei ein Anspruch, dem sich die Stadt stellen werde. So werde man durch die Initiative Studentenstadt Karlsruhe jungen Menschen ein attraktives Umfeld bieten: „Studierende halten Karlsruhe jung!“ so Fenrich.
In seiner Festrede stellte KIT-Präsident Hippler die verschiedenen Dimensionen des Lieblingswortes von Hegel vor: Das „Aufheben“. In einem ersten Bedeutungshorizont verstehe der schwäbische Philosoph Aufheben als Auflösung. So trauerten manche dem Verschwinden des Forschungszentrums und der altehrwürdigen Universität Fridericiana nach, wie die von Spaßvögeln aufgestellten Kreuze auf dem KIT-Campus Süd vermuten ließen. Passender als ein Zeichen der Trauer sei aber die Metapher eines „Raupenkokons, denn wir haben uns im KIT gewandelt, sind aber im Kern selbstverständlich erkennbar.“ So würden im KIT die universitäre Mission und die eines Forschungszentrums in der Helmhotz-Gemeinschaft nicht aufgehoben, sondern miteinander verschränkt. Aufheben bedeute in einem zweiten Sinn auch „Bewahren“. Hippler plädierte für eine permanente Kultur des Veränderns und Wandels – als Eisbrecher in der Wissenschaftslandschaft - aber auch für das Erhalten von Bewährtem, wie beispielsweise die intensiven Kooperationen mit Partneruniversitäten und Unternehmen. Drittens habe, so Hippler, „Aufheben“ als Substantiv auch die Bedeutung des „Wirbelmachens: Ich freue mich, dass wir das verkrustete deutsche Wissenschaftssystem durcheinanderwirbeln!“
Auch Ehrungen finden ihren Platz in der Akademischen Jahresfeier: KIT-Präsident Umbach verlieh die Fakultätslehrpreise und erstmals auch die Doktorandenpreise für die einzelnen KIT-Kompetenzfelder im Zeichen der hohen Bedeutung der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung am KIT. Insgesamt 382 Promotionen entstanden im vergangenen Akademischen Jahr, wobei sich die Anzahl der weiblichen Promovierten in den letzten vier Jahren fast verdoppelt hat.
Zeichen für die hohe Attraktivität des KIT bei den Studierenden sei, so Umbach, die hohe Zahl der Bewerbungen. 4186 Erstsemester haben im Wintersemester ihr Studium am KIT begonnen. Dabei kamen auf einen Studienplatz durchschnittlich drei Bewerbungen.
Professor Manfred Popp, früherer Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums, verlieh den Otto Haxel-Preis des Freundeskreises des Forschungszentrums Karlsruhe e.V. Dieser Preis zeichnet wissenschaftliche und technische Leistungen aus, die wirksame Innovationen und damit wichtige Impulse für die Industrie erbringen oder erwarten lassen. Die Wahl fiel auf das Team Dr. Martin Sack, Dr. Christoph Schultheiss und Professor Hansjoachim Bluhm vom Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik des KIT. Sie erhielten den Preis für ihre Verfahren zur „Elektroporation von pflanzlichen Zellen im industriellen Maßstab“. Durch Hochleistungsimpulse können Zellmembranen durchlässiger gemacht werden. Dies lässt sich in der Lebensmitteltechnik, beispielsweise in der Zucker- und Weinherstellung einsetzen. „Die Hartnäckigkeit, mit der die Preisträger ihr Verfahren zur Marktreife brachten, war ein entscheidendes Argument für die Jury“, betonte Popp.
Der Festvortrag zum Thema "Kosmische Teilchen aus fernen Galaxien - eine neue Art von Astronomie“ kam in diesem Jahr von Professor Johannes Blümer vom KIT-Zentrum Elementar- und Astroteilchenphysik. Seit Jahrtausenden fasziniert der Nachthimmel die Menschen. Bis vor etwa hundert Jahren erhielt der Mensch alle Informationen über das Weltall durch sichtbares Licht. Moderne Beobachtungen erfassen heute auch unsichtbare elektromagnetische Schwingungen, die von den langwelligen Radiowellen bis zu kurzwelligen, energiereichen Gammaquanten reichen. Erst vor 22 Jahren ist es gelungen, erstmals Teilchen aus einer Sternexplosion am Rande der Milchstraße aufzufangen: der Beginn der Neutrino-Astronomie. Ein neues Fenster zum Kosmos wurde nun durch die Erforschung der Kosmischen Strahlung bei höchsten Energien aufgestoßen: Mit dem Pierre Auger-Observatorium in der argentinischischen Pampa ist es erstmals gelungen, Partikel von ausserhalb der Milchstrasse nachzuweisen und eine Karte des Südhimmels 'im Lichte der kosmischen Teilchen' zu erstellen. „Wir beginnen gerade, diese magnetisch verzerrten Bilder zu deuten“, so Blümer. Das KIT ist an diesen spannenden Entwicklungen in der Astroteilchenphysik maßgeblich beteiligt und fungiert als führender Partner bei der Planung eines zweiten Auger-Observatoriums auf der Nordhalbkugel.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtung des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verbindet die Aufgaben Forschung - Lehre – Innovation in einem Wissensdreieck.