Presseinformation 024/2010

Optische Chips reduzieren Internet-Energieverbrauch

EU-Projekt SOFI zielt ab auf extrem schnelle und energieeffiziente Modulatoren für die Telekommunikation
Silizium-Chip mit Tausenden von optischen Modulatoren im Test, kontaktiert mit  High-Speed-Elektroden und Glasfasern (von oben).
Silizium-Chip mit Tausenden von optischen Modulatoren im Test, kontaktiert mit High-Speed-Elektroden und Glasfasern (von oben). (Foto: Hardy Müller)

Wirtschaft und Informationsgesellschaft sind auf die schnelle Internet-Kommunikation angewiesen. Zwar rasen die Daten bereits als Licht codiert durch Glasfasern, doch verarbeitet werden sie elektronisch. Diese Übersetzungsarbeit an der Nahtstelle kostet Zeit und teure Energie. Das von KIT-Wissenschaftlern koordinierte Projekt SOFI zielt deshalb darauf ab, die Optik auf der selben Art von Chips zu integrieren, wie sie seit langem in der Halbleiterindustrie verwendet wird. Die EU fördert das Projekt von sieben Partnern im 7. Rahmenprogramm mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.

Ziel des im Januar angelaufenen Projekts SOFI (Silicon-Organic hybrid Fabrication platform for Integrated circuits) sind Lichtwellenleiter und elektrooptische Modulatoren, die sich durch die Verwendung von Silizium preiswert in Masse fertigen lassen. Durch die Miniaturisierung, die durch Siliziumwellenleiter möglich wird, kann viel bei der sonst notwendigen Verstärkung von elektrischen Signalen gespart werden, wodurch der Stromverbrauch sinkt. Und durch das blitzschnelle Schalten der Lichtinformationen können die Telekommunikationsbetreiber auch mehr Daten über eine Glasfaser schicken: Sie müssen keine weiteren Kabel verlegen. Das vom Institut für Photonik und Quantenelektronik (IPQ) des KIT unter Leitung von Professor Dr. Jürg Leuthold erarbeitete Design lässt eine Signalverarbeitung erwarten, „die mit über 100 Gigabit pro Sekunde die doppelte Übertragungsrate heutiger, vergleichbarer Technologien besitzt, bei einem Energieaufwand von nur fünf Femtojoule pro Bit“. Dies ist rund ein Tausend Mal weniger Energie als in heutigen Systemen aufgewendet werden muss.

Weltweit arbeitet die Forschung auf Hochtouren an der Vereinigung von Optik und Elektronik auf einem Chip. Die damit verbesserte Energieeffizienz ist hochwillkommen: Der Anteil des Kohlendioxid-Ausstoßes allein der Informations- und Kommunikationsindustrie beträgt zwei Prozent, hat Gartner errechnet. Und nach einer Fraunhofer-Studie verbrauchen Produktion und Nutzung von ITK rund zehn Prozent des Stroms in Deutschland, mit steigender Tendenz wegen der boomenden Internet-Kommunikation.

„Um Daten auf ein Lichtsignal zu packen, könnte man einfach eine Laserdiode an- und ausschalten, was aber nicht die schnellste Möglichkeit darstellt“, erklärt Dietmar Korn, ein Mitarbeiter von Professor Leuthold. „Um schneller zu sein, modulieren wir die Phase des Lichts.“ Der Trick: fließt Licht durch bestimmte Kristalle und es wird ein elektrisches Feld angelegt, so ändert sich der Brechungsindex des Materials – die Geschwindigkeit des Lichts lässt sich manipulieren und damit seine Phase modulieren. Den optischen Chips öffnet sich auch jenseits der Telekommunikation eine Perspektive: Statt die riesigen Rechnerkomplexe der Wirtschaftsunternehmen und Supercomputer-Betreiber mit Kupferkabeln zu verknüpfen, bietet sich hier die Optoelektronik als energiesparsamere Alternative an.

Das EU-Projekt verfolgt einen ebenso pragmatischen wie ambitionierten Ansatz: „Wir übernehmen das mit dem teuren Lithiumniobat funktionierende Prinzip und übertragen es auf das kostengünstige Silizium“, erläutert Leuthold. „Silizium hat einen hohen Brechungsindex und es lassen sich Wellenleiter in feineren Strukturen herstellen – das Bauelement ist also deutlich kleiner.“ Und es verbraucht sehr wenig Energie, denn werden die Elektronen sehr nahe an den Wellenleiter herangebracht, so lassen sie sich mit sehr geringer Spannung steuern – das elektronische Signal braucht keine Verstärkung mehr. Mit einem einzigen Modulator aus Silizium soll so eine Bandbreite von 100 Gigahertz erreicht werden. Um die Übertragungsrate weiter zu steigern, werden mehrere der Modulatoren nach einem komplizierten Schema gleichzeitig verschaltet.

Die Funktionsfähigkeit des Konzepts wird in harter Ingenieursarbeit bewiesen. So sind für Chips, die auch Licht leiten, spezielle Wafer aus Silizium mit einer Oxidschicht erforderlich. Und es müssen verschiedene organische Materialien auf ihre Tauglichkeit hin untersucht werden. SOFI vereint deshalb die Besten Europas in den jeweiligen Disziplinen: Die Strukturierung der Chips übernimmt das belgische Institut IMEC, das auch für Unternehmen Kleinserien produziert. Wegen ihrer Erfolg versprechenden Materialien sind Rainbow Photonics, CUDOS und GigOptix-Helix mit im Boot. Die italienische Gruppe Selex Sistemi Integrati vertritt die Anwenderseite und das griechische Forschungslabor AIT denkt die Einsatzfelder vor. „Die EU gibt nur Geld für Forschung mit einem bleibenden Effekt aus“, stellt Projektkoordinator Leuthold klar. „Das AIT entwirft deshalb Szenarien, wie Bauelemente mit welchen Eigenschaften zu kombinieren und welche Spezifikationen dafür einzuhalten sind.“

Neben der Administration verantwortet das IPQ auch das Design der Wellenleiter, also die Formgebung und die kritische Verschaltung der einzelnen Modulatoren. Zudem werden im Forschungsprozess entstehende Bauelemente gemessen und bewertet. Auch die Endabnahme findet in Karlsruhe statt: Im Systemlabor des IPQ werden die Chips unter Praxisbedingungen gestestet – und damit in die Weltrekordjagd um Übertragungsgeschwindigkeiten geschickt.

Drei Gründe nennt Professor Leuthold, weshalb SOFI beim Design und der Implementierung ultraschneller und energieeffizienter Modulatoren erfolgreich sein wird: „Erstens sind wir hoch motiviert, weil wir uns der Wichtigkeit der Arbeit bewusst sind. Zweitens profitiert das Projekt von jahrelanger Vorarbeit. Und drittens zieht das Konsortium die für einen Durchbruch erforderliche kritische Masse an Expertise zusammen.“

 

Weitere Informationen finden Sie unter:
www.sofi-ict.eu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

rr, 10.03.2010
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