Drei Räder, Verbrennungsmotor, elektrische Zündung: Am 29. Januar 1886 meldete Carl Benz sein „Tricycle“ – den ersten Kraftwagen – zum Patent an. Trotz der Skepsis in seiner Umgebung entwickelte Benz das Gefährt stetig weiter, heute gilt er als Erfinder des Automobils und Pionier einer ganzen Industrie. Von 1860 bis 1864 studierte Carl Benz am Polytechnikum Karlsruhe, dem Vorgänger des heutigen Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Heute arbeiten hier Wissenschaftler aus fast 40 Instituten an Entwicklungen für die Mobilität der Zukunft.
Zum Erfolg verhalf Benz, einer viel zitierten Geschichte zufolge, eine „PR-Tour“ seiner Gattin. Im Sommer 1888 setzte sie sich hinters Steuer des Motorwagens und fuhr mit zwei ihrer Söhne von Mannheim nach Pforzheim: Die Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Wagens war bewiesen. Neue Modelle zeigte Benz 1889 auf der Weltausstellung in Paris, die Fahrzeuge wurden immer populärer – der Rest ist Geschichte. An den „Erfinder des Automobils“ erinnert eine Gedenktafel auf dem Ehrenhof des KIT-Campus Süd.
Carl Benz wurde 1844 in Mühlburg geboren, damals noch ein selbstständiger Ort nahe Karlsruhe. In einer anderen Stadt zu studieren, wäre außerhalb der finanziellen Möglichkeiten seiner Familie gewesen. Und für seinen Wunschberuf Maschinenbauer gab es auch damals kaum einen besseren Ausbildungsort: An der 1825 gegründeten Polytechnischen Hochschule lehrte mit Ferdinand Redtenbacher ein Pionier des wissenschaftlichen Maschinenbaus. Unter seiner Leitung erreichte das Karlsruher Polytechnikum Weltgeltung.
Ein halbes Jahrhundert nach Benz‘ Studienabschluss begann die Zusammenarbeit seiner Mannheimer Firma Carl Benz & Cie. mit der Technischen Hochschule Karlsruhe. Als das Unternehmen 1913 mit dem „Kaiserpreis für den besten deutschen Flugmotor“ 50.000 Goldmark gewinnt, geht der Betrag als „Carl-Benz-Stiftung“ an die Hochschule. Im November 1914 schließlich, kurz nach seinem 70. Geburtstag, verlieh die Fridericiana Carl Benz die Ehrendoktorwürde „in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die Entwicklung der Verbrennungsmaschinen und seiner bahnbrechenden Erfinder-Tätigkeit auf dem Gebiete Automobilbaues.“
Fahrzeug- und Mobilitätskonzepte – Spitzenforschung am KIT
Auch 100 Jahre später zählen die Mobilitätsforschung und die Ausbildung herausragender Nachwuchsingenieurinnen und -ingenieure zu den zentralen Aufgaben des heutigen KIT. 2007 startete an der Carl-Benz School of Mechanical Engineering der englischsprachige Bachelorstudiengang Maschinenbau. Seit 2009 bündelt der Schwerpunkt Mobilitätssysteme die fahrzeugtechnischen Aktivitäten des KIT: An den methodischen und technologischen Grundlagen für die Fahrzeuge der Zukunft arbeiten derzeit 37 Institute am Campus Süd und Nord des KIT mit rund 800 Mitarbeitern. Ziel ist es, energieeffiziente, emissionsarme und sichere Fahrzeuge sowie Mobilitätskonzepte zu entwickeln.Die Wissenschaftler berücksichtigen dabei das komplexe Zusammenspiel von Fahrzeug, Fahrer, Verkehr und Gesellschaft.
Erfolge des KIT-Schwerpunkts „Mobilitätssysteme“
Wissenschaftler des IPEK – Institut für Produktentwicklung haben ein Kupplungssystem mit keramischen Werkstoffen entwickelt. Seine hohe Leistungsdichte erlaubt die Verwendung leichterer und kleinerer Getriebe und trägt so zur Verminderung des CO2-Ausstoßes künftiger Fahrzeuggenerationen bei.
Leichtbau spielt auch beim Lehrstuhl für Leichtbautechnologie und im Innovationscluster „KITe hyLITE“ eine große Rolle. Hier wurden Methoden geschaffen, mit denen sich das Potenzial von Verbundwerkstoffen zur Gewichtseinsparung weiter ausschöpfen lässt. Der Schwerpunkt „Mobilitätssysteme" ermöglicht darüber hinaus neue Wege, Gewicht einzusparen: etwa durch eine mechatronische Stabilisierung gewichtsreduzierter, schwingungsanfälliger Strukturen.
Leichtere Fahrzeuge und die zunehmende Elektrifizierung der Automobile wirken sich auch auf die Entwicklung künftiger Verbrennungsmotoren aus. Der als Downsizing bezeichnete Trend führt zu immer kleineren Motoren mit immer größerer Leistungsdichte. Das Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) entwickelt Methoden zur Untersuchung von Brennverfahren, um weitere Leistungsreserven und Möglichkeiten zur Emmissionsreduktion auszuschöpfen.
Zunehmend ergänzen Elektroantriebe den konventionellen Antrieb mit Verbrennungsmotor, der im Prinzip schon in Carl Benz' „Tricycle" seine Arbeit verrichtete. In Hybridantrieben gilt es, die beiden Antriebe optimal aufeinander abzustimmen. Wissenschaftler des FAST Institut für Fahrzeugsystemtechnik sind an der Entwicklung des Porsche „GT3 R Hybrid“ beteiligt. Beim 1000-Kilometer-Rennen in China fuhr das Hybridfahrzeug ganz vorne mit.
Künftige PKW und Nutzfahrzeuge müssen energieeffizient und gleichzeitig sicher sein. Eine Lösung: die Fahrweise mit Computerunterstützung so an Strecke und Verkehr anpassen, dass der Kraftstoffverbrauch minimal bleibt. Am KIT werden Fahrerassistenzsysteme entwickelt, die dabei unterstützen. Damit der Fahrer sich in Zukunft zurücklehnen kann, werden kognitive Automobile entwickelt, wie das Fahrzeug „AnnieWAY“ vom Institut für Mess- und Regelungstechnik, das an der internationalen Rallye „DARPA Urban Challenge“ teilnahm. Die zunehmende Verkehrsdichte erfordert eine intelligente Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmern, die gleichzeitig besonders sicher und störunanfällig ist. Das Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) arbeitet an Verschlüsselungsalgorithmen, die den Anforderungen dieser Car2Car-Kommunikation gerecht werden.
Die Elektrifizierung der Antriebe und die Integration von Elektrik, Elektronik und Informationstechnik macht die Fahrzeugentwicklung immer aufwändiger. Für die Entwicklung dieser komplexen Systeme verwenden Automobilhersteller Softwarelösungen der Firma aquintos. aquintos steht als Spin-Off des FZI Forschungszentrum Informatik für die Umsetzungsstärke der KIT-Wissenschaftler.
Diese zeigt sich auch an den Kooperationen zwischen dem KIT, den Automobilherstellern und deren Zulieferern. Neben zahlreichen bilateralen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zwischen Forscherteams und Erstausrüstern (Original Equipment Manufacturers, OEMs) etablieren sich auch große Forschungscluster: 2008 gründete das KIT mit der Daimler AG und dem Land Baden-Württemberg das Projekthaus e-drive: Hier arbeiten Daimler-Ingenieure und KIT-Forscher Hand in Hand an der Mobilität der Zukunft.
„Competence E“ – gebündeltes Know-how
Maßstäbe setzt das KIT auch bei der Elektromobilität: 250 Wissenschaftler an mehr als 20 Instituten arbeiten daran, Energiespeicher und Antriebssysteme so zu verbessern, dass elektrisches Fahren in Deutschland flächendeckend möglich sein wird. Dazu wird mit „Competence E“ ein koordinierendes Projekt gegründet: Im Mittelpunkt steht die Entwicklung neuer Systemdesigns und der Aufbau neuer Verfahren für die Fertigung von kostengünstigen Batterien und E-Antrieben. Das KIT arbeitet an der Batterie von morgen, damit ein leises, sauberes und preiswertes Elektroauto der Zukunft entstehen kann.
Automobilsommer 2011 – Tag der offenen Tür am KIT
Im Jubiläumsjahr feiert auch das Baden-Württemberg die Erfindung des Automobils mit vielen Events. Ein Höhepunkt des „Automobilsommers 2011“ ist der Tag der offenen Tür am KIT am Samstag, 2. Juli. Das KIT präsentiert dann das neu erschlossene Gelände am Standort Mackensen Kaserne am Adenauerring. Besucherinnen und Besucher können Forschungseinrichtungen, Labore und Prüfanlagen rund um „Die Zukunft der Mobilität“ besichtigen und mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Gespräch kommen. Abwechslungsreiche Angebote für Kinder, eine Festmeile mit Essens- und Getränkeständen sowie ein unterhaltsames Rahmenprogramm ergänzen die Veranstaltung.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.