Alexey Ustinov, seit 2008 Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Wissenschaftler des DFG-Zentrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) am KIT, erhält einen der begehrten „Mega-Grants“ der russischen Regierung. Damit stehen ihm in den nächsten zwei Jahren 150 Millionen Rubel, rund 3,5 Millionen Euro, für sein Projekt „Supraleitende Metamaterialien“ zur Verfügung. Ustinov wird damit ein Forschungslabor an der University of Science and Technology „MISIS“ in Moskau einrichten.
Der Grant ermöglicht es dem Physiker, ein gut ausgestattetes Labor mit entsprechendem Personal in der Russischen Föderation aufzubauen und seine Forschung in den kommenden Jahren parallel in Karlsruhe und Moskau voranzutreiben. Ustinov wird das Forschungslabor an der renommierten National University of Science and Technology „MISIS“ einrichten. Die Universität verfügt über eine lange Tradition auf dem Gebiet der kondensierten Materie. Wissenschaftler wie Alexei Abrikosov, Nobelpreisträger für Physik im Jahr 2003 und Spezialist im Bereich der Kondensierten Materie, oder Vadim Schmidt, dessen Veröffentlichungen über Supraleiter heute zu den Klassikern zählen, haben dort gelehrt.
Supraleiter sind Materialien, die bei einer bestimmten Temperatur keinen messbaren elektrischen Widerstand mehr besitzen. Im Idealfall kann in einem ringförmig angelegten Supraleiter monatelang Strom fließen, ohne an Stärke zu verlieren. Bei supraleitenden Metamaterialien handelt es sich um künstlich erzeugte metallische Strukturen mit elektromagnetischen Eigenschaften, wie sie in der Natur nicht zu finden sind. Im Gegensatz zu normalen metallischen Strukturen können supraleitende Metamaterialien kontinuierlich bis in den Mikro- und Nanometerbereich verkleinert werden, ohne ihre leitenden Eigenschaften zu verlieren. Ziel der Forschungsgruppe Ustinovs in Moskau wird es sein, extrem verlustarme – also möglichst verlustfreie – supraleitende Metamaterialien zu entwickeln. Interessant sind diese beispielsweise für die Herstellung supraleitender Dünnschichtschaltkreise, die für die Realisierung von Quantencomputern benötigt werden.
Supraleiter eignen sich auch hervorragend für das Studium von Quanteneffekten in Metamaterialien: An diesem Schnittpunkt treffen sich die Forschungsbereiche von Ustinovs Moskauer Gruppe mit denen am CFN. In Karlsruhe gehen Ustinovs Mitarbeiter der Frage nach, wie sich Quanten in Supraleitern verhalten. In aktuellen Experimenten werden zum Beispiel supraleitende Resonatoren als Quantenbit betrieben, indem ihr Quantenzustand manipuliert und ausgelesen wird. Ein anderes Projekt untersucht die wellenförmige Bewegung einzelner Ladungspaare durch eine Reihe von Tunnelkontakten. Ustinovs bilaterales Engagement wird die Zusammenarbeit der beiden Universitäten MISIS und KIT stärken, sein Hauptbetätigungsfeld wird das KIT bleiben. Im Anschluss an das nun laufende Projekt ist eine Verlängerung der Förderung um weitere zwei Jahre möglich.
Zum Mega-Grant
517 weltweit forschende Wissenschaftler bewarben sich im Frühjahr 2011 um den Mega-Grant, der zum zweiten Mal von der russischen Regierung ausgeschriebenen wurde, 39 erhielten ihn. Unter ihnen sind zwei Nobelpreisträger, vier Wissenschaftler aus Deutschland, sechs aus Frankreich und zehn aus den Vereinigten Staaten. Bei der Vergabe spielten nicht allein wissenschaftliche Leistungsindikatoren eine Rolle, sondern auch die Zukunftsfähigkeit der Programme und die Führungs- und Lehrqualität des Forschers. Ein international besetztes Gremium aus 1299 Experten, die etwa zur Hälfte aus Russland und zur Hälfte aus dem Ausland kommen, prüfte und bewertete die Forschungsprojekte. Die endgültige Entscheidung traf der Förderungsrat der russischen Regierung. Der Mega-Grant soll Russland als Forschungsstandort für international renommierte Wissenschaftler attraktiv machen, nachdem in den 1990er-Jahren viele Akademier Russland verließen. Mit den Mega-Grants gelang der Russischen Föderation in den vergangenen zwei Jahren durch den Aufbau leistungsfähiger Forschungsgruppen ein enormer Schub an wissenschaftlicher Innovation.
DFG-Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN)
Das DFG-Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) hat sich einem wichtigen Bereich der Nanotechnologie verschrieben: den funktionellen Nanostrukturen. Ziel ist es durch exzellente interdisziplinäre und internationale Forschung Nano-Strukturen mit neuen technologischen Funktionen darzustellen sowie den ersten Schritt von der Grundlagenforschung zur Anwendung zu gehen. Zurzeit arbeiten in Karlsruhe mehr als 250 Wissenschaftler und Techniker über das CFN vernetzt in mehr als 80 Teilprojekten zusammen. Der Fokus liegt auf den Bereichen Nano-Photonik, Nano-Elektronik, Molekulare Nanostrukturen, Nano-Biologie und Nano-Energie.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.