Mikroskope liefern wertvolle Einsichten in Struktur und Dynamik von Zellen. Insbesondere, wenn diese in ihrer natürlichen Umgebung verbleiben können. Gerade bei höheren Organismen ist dies jedoch sehr schwierig. Im Magazin Nature Methods stellen Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und dem amerikanischen National Institutes of Health (NIH) nun eine neue Methode vor, mit der sie Zellstrukturen von einem Achtel Mikrometer Größe in lebenden Fischlarven sichtbar machen. (DOI:10.1038/nmeth.2025)
„Der Zebrabärbling eignet sich sehr gut für genetische Studien an Zellen, denn seine Larven sind komplett durchsichtig“, erklärt Marina Mione vom KIT. Um bestimmte Strukturen sichtbar zu machen, werden diese fluoreszierend eingefärbt, meist über gentechnische Methoden. In der aktuellen Studie interessierten Mione Teile des zellularen Skeletts der Fische, die sogenannten Mikrotubuli. Die fadenförmigen Mikrotubuli haben eine Länge von rund 100 Mikrometern und einen Durchmesser von circa 20 Nanometern, also dem hunderttausendstel eines Haares. „Mikrotubuli kommen überall in der Zelle vor und sind für ihre Teilung und Bewegung notwendig.“
Für das neue Mikroskopverfahren wird das Objekt nicht komplett ausgeleuchtet, sondern nur punktförmig mit speziellem Licht. Dadurch wird Streulicht minimiert und das eine angeleuchtete Detail wird scharf abgebildet. Eine Serie von Bildern mit unterschiedlicher Beleuchtung wird schließlich von einem Computer zu einem Gesamtbild zusammengestellt. Durch geschicktes Ausleuchten wird es sogar möglich die Tiefenschärfe zu justieren, Bilder von verschiedenen Tiefenebenen zu machen und am Computer zu einem dreidimensionalen Bild zu verbinden. „Mittlerweile lassen sich so Auflösungen von 145 Nanometer in der Ebene und 400 Nanometern dazwischen verwirklichen“, sagt Marina Mione. Die Aufnahmen werden innerhalb einiger Sekunden gemacht, sodass auch die Bewegung der Zellen zu keinen Unschärfen führt.
Vielmehr kann man über eine Serie von Aufnahmen auch Videos von der Bewegung der Mikrotubuli machen. Im Experiment wurde über einen Zeitraum von 60 Minuten beobachtet, wie sich etwa 45 Mikrometer unter der Haut des Fisches das Frühstadium des Seitenlinienorgans bildet, mit dem Fische im Wasser Bewegungsreize wahrnehmen können. Solche Aufnahmen am lebenden Organismus liefern wertvolle Erkenntnis über Entwicklung von Wirbeltieren auf zellularer Ebene.
Der tropische Süßwasserfisch Zebrabärbling vereint eine Reihe von Vorteilen als genetischer Modellorganismus. Er ist klein genug um ihn problemlos zu züchten und groß genug, um einzelne Organe leicht zu unterscheiden, er hat einen kurzen Generationszyklus und produziert viele Nachkommen. Als Wirbeltier teilt er zahlreiche mikrobiologische Eigenschaften mit dem Menschen.
Animierte Videofahrten durch die Zellstrukturen der Proben:
http://www.nature.com/nmeth/journal/vaop/ncurrent/full/nmeth.2025.html#/supplementary-information
Die Veröffentlichung bei Nature Methods: http://www.nature.com/nmeth/journal/vaop/ncurrent/full/nmeth.2025.html
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.