Der diesjährige Preis für die beste Theoriepräsentation der „International School of Subnuclear Physics" der Ettore Majorana Foundation, einem jährlich stattfindenden Kurs für Doktoranden auf dem Gebiet der Teilchenphysik, geht an den Physiker Max Zoller vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Doktorand erhält die Auszeichnung für seine Arbeit und seinen Vortrag über die Betafunktion der Higgboson-Selbstkoppelung – seine theoretische Untersuchung zeigt, dass das Standardmodell der Teilchenphysik für das Higgs-Boson bis zu nahezu beliebig hohen Energien gültig sein kann.
Die Wechselwirkung von Higgs-Teilchen untereinander ist eine wichtige Komponente im Standardmodell der Teilchenphysik. Die Betafunktion als eine zentrale Größe jeder Theorie in der Hochenergiephysik beschreibt, wie sich die Stärke der Wechselwirkung von Teilchen mit der Energie des betrachteten Prozesses ändert: Treffen beispielsweise niederenergetische, also langsame Elektronen aufeinander, so ist deren elektromagnetische Wechselwirkung schwächer als bei hochenergetischen, also schnellen Elektronen. Umgekehrt ist es bei der starken Wechselwirkung, die Atomkerne zusammenhält: Je höher die Energie des Prozesses, umso schwächer wird die Kopplung der Teilchen aneinander. „Eine entscheidende Frage in der Teilchenphysik ist, ob das Standardmodell bis hin zu sehr hohen Energien gültig sein kann oder ob zwingend neue Entdeckungen bei hohen Energien gemacht werden müssen, weil die Theorie sonst nicht mehr stabil ist“, sagt Max Zoller, der am Institut für Theoretische Teilchenphysik promoviert. Der Doktorand untersuchte, für welchen Energiebereich das von Peter Higgs, einem der Erfinder des Higgs-Bosons, und anderen Wissenschaftlern vor mehr als vierzig Jahren vorgeschlagene Higgs-Modell seine Gültigkeit behält.
Eine wichtige Wechselwirkung im Standardmodell der Teilchenphysik ist die eines Higgs-Teilchens mit anderen Higgs-Teilchen und ihre Entwicklung bei hohen Energien. Für diese Wechselwirkung hat Max Zoller gemeinsam mit seinem Betreuer Dr. Konstantin Chetyrkin die Betafunktion mit einer bisher unerreichten Präzision berechnet. Dem Ergebnis seiner Untersuchung zufolge interagieren die Higgs-Teilchen bei hohen Energien schwächer miteinander als bei niedrigen. Zollers Arbeit liefert damit wichtige Rückschlüsse für ein Higgs-Teilchen mit einer Masse von etwa 125 GigaElektronenVolt (GeV), welche der des neuen Teilchens entspricht, das vor wenigen Tagen am CERN entdeckt wurde. „In Verbindung mit dem experimentell bestimmten Massewert des Higgs-Bosons von etwa 125 GeV beweisen die Rechnungen eine bemerkenswerte Stabilität der Theorie bis hin zu fast beliebig hohen Energien“, so Zoller.
Zollers und Chetyrkins Untersuchung gewinnt ihre besondere Aktualität durch die Entdeckung des Higgsbosons am Large Hadron Collider (LHC), welche am 4. Juli dieses Jahres am CERN präsentiert wurde und an der auch eine Arbeitsgruppe des Instituts für Experimentelle Kernphysik des KIT maßgeblich beteiligt war.
Zu den Mitgliedern des Auswahlausschusses bei der jährlich stattfindenden „International School of Subnuclear Physics" der Ettore Majorana Foundation zählten unter anderem der Nobelpreistraeger Gerard t'Hooft von der Universität Utrecht und Peter Higgs von der Universität Edinburgh, einer der Erfinder des Higgs-Bosons.
Zur Person
Max Zoller studierte Physik an der ehemaligen Universität Karlsruhe, heute KIT. Der Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes promoviert derzeit am Institut für Theoretische Teilchenphysik zum Thema „Dreischleifen-Betafunktionen im Standardmodell“.
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