Nach dem Modell des Instituts für Nanotechnologie (INT) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) baut die chinesische Nanjing University of Science and Technology ein nanowissenschaftliches Institut auf. Benannt ist es nach Professor Herbert Gleiter, der die neue Einrichtung auch leiten wird. Der Mitbegründer und frühere Direktor des INT, an dem er weiterhin forscht, gilt weltweit als Pionier der Nanowissenschaften. Insgesamt entstehen am Herbert Gleiter Institute of Nanoscience fünf Forschungsgruppen, vier davon betreuen leitende Nanowissenschaftler des INT.
Ende Oktober feierte das Herbert Gleiter Institute of Nanoscience (HGI) in Nanjing seine Enweihung. Für das neue Forschungsinstitut hatte eine international besetzte Expertenkommission der Nanjing University of Science and Technology (NUST) das Arbeitsgebiet „Nanoscience“ empfohlen. In Analogie zum Berufungsverfahren der Max Planck Gesellschaft, schlug diese Kommission der NUST vor, das neue Institut um eine der international führenden Persönlichkeiten des Gebiets herum aufzubauen. Ausgehend von dieser Empfehlung berief die NUST Professor Herbert Gleiter zum Gründungsdirektor des Instituts.
Dem HGI-Direktorium gehören außerdem Professor Horst Hahn, Geschäftsführender Direktor des INT und wissenschaftlicher Sprecher des Zentrums NanoMikro am KIT, Professor Thomas Schimmel, INT und Institut für Angewandte Physik, Professor Harald Fuchs, KIT und Westfälische-Wilhelms Universität Münster/Center for Nanotechnology (CeNTech), sowie Professor Yong Lei von der TU Ilmenau an, der stellvertretender Leiter des HGI ist. Die Wissenschaftler werden jeweils eine Arbeitsgruppe leiten, der zwei bis vier assoziierte Professuren zugeordnet sind.
Forschungsschwerpunkte sind die Nanostrukturierung von Oberflächen und Grenzflächen, Nanogläser sowie die Nano-Elektrochemie, Nanokatalyse, Nanoanalytik, neuartige Methoden der Nanolithographie und selbstorganisierte Nanostrukturen – Forschungsgebiete, die auch aktuell am KIT aufgebaut werden. „Diese Kooperation ist langfristig und komplementär angelegt. So wollen wir nicht nur die Forschungsinhalte, sondern entsprechend auch die Anschaffung von Großgeräten aufeinander abstimmen“, sagt Professor Horst Hahn. Derzeit steht den Wissenschaftlern in Nanjing ein neues Analytik-Zentrum mit Großgeräten im Wert von sieben Millionen Euro zur Verfügung – weitere sollen je nach Bedarf rasch folgen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das HGI künftig neu beschäftigen wird, werden zunächst mehrere Monate am INT verbringen, um Forschungs- und Lehrmethoden kennen zu lernen und so anschließend die Arbeitsgruppen in Nanjing weiter betreiben zu können.
Professor Herbert Gleiter (Foto: Markus Breig, KIT)
Zur Person Herbert Gleiter
Herbert Gleiter hat für seine Forschung in den Nanowissenschaften über vierzig Auszeichnungen erhalten, darunter den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1988), den Max-Planck-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Max- Planck-Gesellschaft (beide 1993), die Blaise-Pascal-Medaille der European Academy of Sciences (2009) sowie sechs Berufungen zum Ehrendoktor an Universitäten in Deutschland, der Schweiz und außerhalb Europas. Er ist gewähltes Mitglied von sieben Nationalen Akademien der Wissenschaften des In- und Auslandes, unter anderem der Leopoldina, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands, in der er vier Jahre Mitglied des Präsidiums war. Er ist Fellow und Ehrenmitglied von sieben Wissenschaftsorganisationen seines Arbeitsgebiets, unter anderem der amerikanischen Materials Research Society sowie der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde. Gleiter gehörte ab 1994 dem Vorstand des damaligen Forschungszentrums Karlsruhe an und gründete vier Jahre später gemeinsam mit Nobelpreisträger Professor Jean-Marie Lehn und Professor Dieter Fenske das Institut für Nanotechnologie (INT), dessen Direktor er auch war. Inzwischen im Ruhestand ist der der 74-Jährige im Network of Excellent Retired Scientists des KIT aktiv und gibt so sein Wissen und seine Erfahrung an die jüngere Generation weiter. In seiner aktuellen Arbeit befasst er sich insbesondere mit Nanogläsern, einer neuen Klasse nichtkristalliner Nanomaterialien, sowie mit der Frage nach dem Übergang zwischen klassischer Physik und Quantenphysik.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.