Sobald alle Stufen des bioliq®-Prozesses miteinander verbunden sind, wird die Pilotanlage hochwertigen Treibstoff aus Stroh liefern. Dies wird voraussichtlich Mitte 2014 sein. Das am KIT entwickelte vierstufige bioliq®-Verfahren berücksichtigt, dass Stroh, wie auch andere biogene Reststoffe, eine geringe Energiedichte aufweisen und räumlich weit verteilt anfallen. Zugleich ermöglicht es eine wirtschaftliche großtechnische Produktion von hochwertigen motorverträglichen Designerkraftstoffen.
Mit der bioliq®-Synthesestufe ging nun die letzte der großen Teilanlagen der bioliq®-Pilotanlage am KIT-Campus Nord erfolgreich in Betrieb. Die Synthesestufe setzt - anschließend an die Heißgasreinigung - Synthesegas in zwei Reaktionsstufen zu hochwertigem Ottokraftstoff um. Die Anlage ist in ihrem Design speziell an die Randbedingungen von CO-reichem Synthesegas angepasst, wie es aus der Vergasung nachhaltiger Biomasse erzeugt wird. Durch die direkte Umsetzung des Synthesegases in der ersten Reaktionsstufe zu Dimethylether lässt sich der in der Biomasse enthaltene Kohlenstoff bei minimalem Investitionsaufwand maximal ausnutzen.
„Mit der Verfahrenskette der Teilanlagen, die bereits in Betrieb sind, und der jetzt gestarteten Synthesestufe der bioliq®-Pilotanlage verfügt das KIT über die einzige Demonstrationsanlage dieser Art, erklärt der KIT-Vizepräsident für Forschung und Innovation, Dr. Peter Fritz. „Gleichzeitig ist bioliq® auch eine hervorragende Forschungsplattform für die Nutzung nachhaltiger Biomasse, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht.“ Professor Jörg Sauer, Leiter des Instituts für Katalyseforschung und -technologie (IKFT) des KIT, erläutert: „Wir können unsere Neuentwicklungen direkt in der Pilotanlage im industrie-relevanten Maßstab erproben. So ist es möglich, unsere Forschungsergebnisse in Zukunft wesentlich schneller kommerziell umzusetzen.“ Von einem großen Interesse internationaler Kunden am bioliq®-Verfahren berichtet Joachim Engelmann, Sprecher der Geschäftsführung der Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH. „Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner KIT hat für uns auch eine wichtige strategische Bedeutung für unsere Zukunft“, sagt Engelmann.
Der Aufbau der Pilotanlage am KIT Campus Nord wurde vom Bund, vom Land Baden-Württemberg und der EU gefördert. Neben zahlreichen Instituten und Dienstleistungseinheiten des KIT sind mehrere Industriepartner an bioliq® beteiligt.
Die Errichtung der bioliq®-Synthesestufe hat ein Investitionsvolumen von rund 22 Millionen Euro. 50 Prozent davon wurden durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) sowie Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Die Mittel des BMELV wurden über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), die Mittel des EFRE über das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt. Die verbleibenden Investitionskosten übernahmen das KIT und der Industriepartner Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH. Dieser hat die bioliq®-Synthesestufe projektiert, geliefert, montiert und in Betrieb genommen und wird sich als Partner des KIT im Rahmen eines gemeinsamen Kooperationsvertrags auch an den weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten beteiligen.
Der bioliq®-Prozess
Der gesamte bioliq®-Prozess (Biomass to Liquid Karlsruhe) besteht aus vier Stufen. In der ersten Stufe wird die trockene Restbiomasse, die räumlich weit verteilt anfällt und einen niedrigen Energiegehalt hat, dezentral durch Schnellpyrolyse in eine rohölartige Substanz von hoher Energiedichte umgewandelt. Diese Substanz, der sogenannte bioliqSynCrude®, lässt sich wirtschaftlich über große Strecken transportieren und zentral weiterverarbeiten. Ein Hochdruck-Flugstromvergaser setzt den bioliqSynCrude® bei Temperaturen über 1 200 Grad Celsius und Drücken bis zu 80 bar zu einem teerfreien Synthesegas um. Dieses Synthesegas besteht zum Großteil aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Bei der anschließenden Heißgasreinigung geht es darum, Störstoffe wie Partikel, Chlor- und Stickstoff-Verbindungen aus dem Synthesegas abzutrennen, das in der Synthesestufe gezielt zu maßgeschneiderte hochwertigen Kraftstoffen zusammengesetzt wird.
Grafik: N. Dahmen, KIT/IKFT
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