Mit eigens entwickelten Spektrometern untersuchen Klimaforscher des KIT auf der Polarstern die Konzentration von Kohlendioxid und Methan in der Erdatmosphäre. Ihre Messungen während der fünfwöchigen Fahrt von Kapstadt nach Bremerhaven sollen unter anderem die Aussagekraft von Satellitendaten über die Konzentration dieser Treibhausgase erhöhen. Die Atlantik-Expedition PS83 auf dem „schwimmenden Großlabor“ soll am 7. März beginnen und bis voraussichtlich 13. April dauern.
„Ein wesentliches Ziel unserer Messkampagne ist es, die Daten zur Nord-Süd-Verteilung der Methan- und Kohlendioxid-Konzentration über dem Atlantik mit der Satellitenbeobachtung zu vergleichen“, sagt Dr. André Butz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-ASF). Ihre Messungen an Bord der Polarstern unternehmen die Karlsruher Forscher in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig und dem Forschungsprojekt OCEANET, das sich mit dem Stoff- und Energieaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre beschäftigt. Die KIT-Forschungsgruppe RemoteC (Fernerkundung von Treibhausgasen zur Modellierung des Kohlenstoffkreislaufs) hat dafür spezielle Treibhausgas-Spektrometer entwickelt, die sich für den Einsatz auf einem Schiff eignen. „Das Zusammenspiel von hochgenauer Messung und Mobilität der Instrumente war ein Forschungsschwerpunkt des 2011 begonnenen Projekts RemoteC“, betont Butz. Bis 2015 läuft das Forschungsprojekt mit dem Ziel, die natürlichen Prozesse des Kohlenstoff- und Methankreislaufs besser zu verstehen. „Diese Mechanismen bestimmen, welcher Anteil der menschlich bedingten Emissionen wie lange in der Atmosphäre verbleibt und damit zum Klimawandel beiträgt“, erläutert Butz. Da Methan und Kohlendioxid wesentlich zur Erwärmung von Erdoberfläche und Atmosphäre beitragen, ist der detaillierte Aufschluss über ihre Verteilung eine zentrale Herausforderung der Klimaforschung.
Abgeglichen werden die Daten bei der Expedition mit denen, die der japanische Greenhouse Gases Observing Satellite (GOSAT) aus dem Weltraum misst. Aus der Zusammenschau der an Bord gemachten Messungen mit den Informationen, die der Satellit über die von der Erde und der Atmosphäre zurückgestreute kurzwellige Infrarotstrahlung liefert, erhoffen sich die Wissenschaftler eine höhere Genauigkeit in der Interpretation der Satellitendaten.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben im Zuge des Projekts RemoteC, das der Physiker Butz leitet: Meteorologen und Physiker des KIT arbeiten gemeinsam daran, mit Hilfe boden- und satellitengestützter Fernerkundungen global zu bestimmen, wo sich Treibhausgas-Quellen befinden, und wann und wo durch natürliche Prozesse besonders viel Methan und Kohlendioxid absorbiert wird. Während an Land zahlreiche Bodenmessstationen installiert sind, gab es bislang kaum über dem Ozean erhobene Daten.
Betreiber der Polarstern ist das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Seit 1982 hat die Polarstern über fünfzig Expeditionen in Arktis und Antarktis abgeschlossen. Die jetzige Expedition ANT-XXIX/10 (PS 83) ist der letzte Fahrtabschnitt der dreißigsten Antarktis-Expedition. Das Schiff wurde eigens für die Arbeit in den Polarmeeren konzipiert und ist gegenwärtig eines der leistungsfähigsten Polarforschungsschiffe der Welt. Die Polarstern ist im Besitz der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. An nahezu 310 Tagen im Jahr ist sie auf See. Gewöhnlich bereist sie im Nordsommer die arktischen Gewässer und im Südsommer die Antarktis. Dabei versorgt sie auch die deutsche Polarforschungsstation Neumayer III in der Antarktis. Das Schiff hat eine Besatzung von maximal 44 Personen und bietet zusätzlich Arbeitsmöglichkeiten für 50 Wissenschaftler und Techniker. Nach ihrer Ankunft in Bremerhaven wird die Polarstern in der Werft überholt, um ab 15. Mai wieder Richtung Spitzbergen in die Arktis aufbrechen zu können.
Die Route der Polarstern im Internet unter: http://www.awi.de/de/infrastruktur/schiffe/polarstern/wo_ist_polarstern/
Das KIT-Zentrum Klima und Umwelt entwickelt Strategien und Technologien zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen: Dafür erarbeiten 660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 32 Instituten Grundlagen- und Anwendungswissen zum Klima- und Umweltwandel. Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung der Ursachen von Umweltproblemen, sondern zunehmend um die Anpassung an veränderte Verhältnisse.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.