Ob Autozulieferer, Buchdrucker oder Bekleidungshersteller: Am Ende der Produktion erreichen die Waren ein Lager und warten auf ihren Versand. Hier besteht selbst für führende Unternehmen oft ein Flaschenhals, der die Effizienz einschränkt. Eine praxisnahe Schulung des Karlsruher Instituts für Technologie und der Unternehmensberatung McKinsey hilft nun dabei, Prozesse im Lager zu analysieren und zu verbessern. Dafür werden Methoden des so genannten Lean Managements konkret auf die Anforderungen der Lagerhaltung angepasst.
„Die Lagerhaltung ist oft das Stiefkind der Unternehmensleitung“, weiß Katharina Dörr, Schulungsleiterin des Model Warehouse am KIT. „Während Produktion, Marketing oder Einkauf optimiert werden, gilt die Lagerlogistik oft als lästiges Anhängsel des Kerngeschäftes, in dem Effizienzsteigerungen sowieso nicht zu erreichen sind.“
Während der Schulungen wird jedoch gezeigt, dass durchaus eine Verdopplung oder Verdreifachung der Produktivität zu erzielen ist. „Dabei legen wir großen Wert auf ganz konkrete Praxisbeispiele in unserem Übungs-Lagerhaus“, berichtet Christoph Kunert, ebenfalls Schulungsleiter des Model Warehouse. Rund 180 Artikel werden im Lagerhaus vorgehalten und sollen von den Schulungsteilnehmern aus den Regalen anhand von Packlisten zu Kundenpaketen zusammengestellt werden. Nach jeder Praxis-Runde werden Vorgehen und Erfolg analysiert und Prozesse bewertet. Hier wird jeder Arbeitsschritt auf seine Funktion in der Wertschöpfung durchleuchtet und angepasst“, erklärt Kunert. Transporte, Bestände, Wartezeiten und Bearbeitung werden so auf das optimale Maß reduziert.
Den Theorieteil der Schulung haben Experten des KIT und der Unternehmensberatung McKinsey gemeinsam ausgearbeitet. Es werden bekannte Methoden des Lean Managements (lean = englisch für schlank) entlehnt und für die Lagerhaltung anwendbar gemacht. Knut Alicke, Leiter der europäischen Supply Chain Management Practice von McKinsey: „Der Transfer von Lean Management-Konzepten in die Lagerhaltung bietet im Schnitt ein Kostensenkungspotenzial von 20 Prozent. Der Learning-by-Doing Ansatz des Model Warehouse unterstützt Unternehmen die Fähigkeiten zum Heben dieser Potenziale nachhaltig aufzubauen.“
„Konsequentes Messen der Leistung und Verankerung der erzielten Verbesserung in Standards, sind ein wichtiges Element, das Lean Management so erfolgreich macht“, weiß Kai Furmans, Leiter des Instituts für Fördertechnik und Logistiksysteme am KIT, an dem das Model Warehouse angesiedelt ist. „Für eine nachhaltige Verbesserung sind jedoch auch die weichen Faktoren, wie etwa Einstellung und Verhalten der Mitarbeiter, ausschlaggebend.“ Daher werden in der Schulung auch Führungsverständnis und Mitarbeiterführung in einem schlanken Unternehmen adressiert.
Lean Management im Lager bietet eine Möglichkeit, ohne große Investitionen zu nachhaltigen, operativen Verbesserungen zu kommen und ist deshalb auch für kleine und mittlere Unternehmen attraktiv. Die Verschlankung der Prozesse zwischen Wareneingang und –ausgang führt zu einer direkten Steigerung der Lagerproduktivität.
Mehr Informationen unter
http://www.ifl.kit.edu/projekte_lean_warehousing.php
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