Das Projekt „QuantenMagnonics“ von Dr. Martin Weides am Physikalischen Institut des KIT befasst sich mit den dynamischen Prozessen im Innersten von Ferromagneten wie Eisen oder Kobalt. Erkenntnisse seiner Grundlagenforschung könnten für den Einsatz magnetischer Bauelemente in der Datenverarbeitung genutzt werden. Der Forschungsrat der Europäischen Union fördert das Vorhaben mit zwei Millionen Euro.
„Uns interessiert das Verhalten der Ferromagnete im Quantenregime“, sagt der Physiker. Um die physikalischen Vorgänge im atomaren Bereich zu erkunden, untersucht der Forscher Schichten dünner, nanometergroß strukturierter Materialfilme, die im DFG-Forschungszentrum für Funktionelle Nanostrukturen am KIT hergestellt werden. Durch Experimente, die die konventionellen Messmethoden der klassischen Physik ergänzen und erweitern, hofft Weides unter anderem die Dämpfung - Abschwächung - von Energie beim Durchlaufen des magnetisierten Materials besser zu verstehen. Im Fokus stehen dabei die Eigendrehungen der einzelnen Elektronen, die Spins. Ein Ziel des Projekts ist es, eine einzelne von einem elektromagnetischen Impuls angeregte Spinwelle zu erzeugen. Für die Messung der dynamischen Prozesse des energetisch angeregten Zustands sollen Quantenbits - kurz Qubits - als Detektoren und Informationseinheiten eingesetzt werden. Das Projekt trägt den ausführlichen Titel „QuantenMagnonics - Koppelung von Spinwellen mit supraleitenden Quantenschaltkreisen für die Erzeugung und Detektion einzelner Spinwellen“. Von der Grundlagenforschung werden auch Erkenntnisse für den Einsatz magnetischer Materialien in der Datenverarbeitung erwartet, zum Beispiel für Speichermedien oder Logikelemente.
Für seine Forschung zum Verständnis der Dynamik in Ferromagneten erhält Dr. Martin Weides einen ERC Consolidator Grant der EU (Foto: privat)
Die Förderungszuwendung von der Europäischen Union in Höhe von zwei Millionen Euro für fünf Jahre wird Weides zu einem Drittel für die Anschaffung von Messgeräten und zu zwei Dritteln für die Personalkosten der am Projekt mitwirkenden Doktoranden und Postdoktoranden verwenden. Für seine experimentellen Untersuchungen nutzt der Physiker unter anderem Mischkryostate, Kühlgeräte, die besonders tiefe Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt von minus 273 Grad Celsius erreichen.
Mit ERC Consolidator Grants fördert der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) Projekte exzellenter Wissenschaftler, deren Promotion zwischen sieben und zwölf Jahre zurückliegt. Der ERC wurde 2007 als Institution zur Finanzierung grundlagenorientierter Pionierforschung in Europa gegründet. „Die Aufnahme in das EU-Programm ermöglicht uns auf einem Forschungsgebiet, auf dem Japan und die USA eine wesentliche Rolle spielen, zur Spitze aufzuschließen“, sagt Weides. Das Projekt am Physikalischen Institut des KIT basiert auf der langjährigen Forschung des Physikers, der seit 2012 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT in der Forschungsgruppe um Professor Alexey Ustinov arbeitet. Davor war der Experte für Festkörperphysik und Supraleiter unter anderem am Forschungszentrum Jülich und an der University of California, Santa Barbara, tätig.
Weides warb den mittlerweile siebten ERC-Grant für das KIT ein. Zuvor hatten 2009 Dr. Regina Hoffmann vom Physikalischen Institut, 2010 Dr. Matthias Schneider vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung, 2011 Professor Holger Puchta vom Botanischen Institut, Professor Christian Koos vom Institut für Photonik und Quantenelektronik und PD Dr. Alexander Nesterov-Müller vom Institut für Mikrostrukturtechnik sowie 2013 das Forscherteam Erin Koos vom Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik und Pavel Levkin vom Institut für Toxikologie und Genetik hoch dotierte ERC-Auszeichnungen erhalten.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.