Presseinformation 109/2016

Ultrakompakter Photodetektor

Weltweit kleinster Photodetektor für die optische Datenübertragung / Veröffentlichung in Fachzeitschrift Optica
Ein plasmonischer Detektor, der direkt an einen Silizium-Lichtwellenleiter angekoppelt ist und weniger als ein Mikrometer groß ist, wurde am KIT entwickelt. (Grafik: KIT)
Ein plasmonischer Detektor, der direkt an einen Silizium-Lichtwellenleiter angekoppelt ist und weniger als ein Mikrometer groß ist, wurde am KIT entwickelt. (Grafik: KIT)

Der Datenverkehr wächst weltweit. Glasfaserkabel transportieren die Informationen mit Lichtgeschwindigkeit über weite Entfernungen. An ihrem Ziel müssen die optischen Signale jedoch in elektrische Signale gewandelt werden, um im Computer verarbeitet zu werden. Forscher am KIT haben einen neuartigen Photodetektor entwickelt, dessen geringer Platzbedarf neue Maßstäbe setzt: Das Bauteil weist eine Grundfläche von weniger als einem Millionstel Quadratmillimeter auf, ohne die Datenübertragungsrate zu beeinträchtigen, wie sie im Fachmagazin Optica nun berichten. (DOI: 10.1364/OPTICA.3.000741)

 

Die neuentwickelten Photodetektoren, die weltweit kleinsten Photodetektoren für die optische Datenübertragung, eröffnen die Möglichkeit, durch integrierte optische Schaltungen die Leistungsfähigkeit optischer Kommunikationssysteme erheblich zu steigern, denn sie lassen sich platzsparend in großen Stückzahlen auf optischen Chips integrieren. Experimentell haben die Forscher einen Datendurchsatz von bis zu 40 Gigabit pro Sekunde erreicht. „Mit diesem Bauteil lässt sich der Inhalt einer kompletten DVD in einem Bruchteil einer Sekunde übertragen“, erläutert der Physiker Sascha Mühlbrandt vom KIT, der die Arbeiten am Institut für Mikrostrukturtechnik  und am Institut für Photonik und Quantenelektronik durchgeführt hat. Diese Geschwindigkeit könne sogar noch weiter erhöht werden. „Es handelt sich um den bisher kleinsten Detektor, der diese Datenrate erreicht; er ist hundert Mal kleiner als ein konventioneller Photodetektor“, so Mühlbrandt. Den als PIPED (plasmonic internal photoemission detector) bezeichneten Hochgeschwindigkeits-Photodetektor stellt Mühlbrandt als Erstautor gemeinsam mit Kollegen des KIT und der ETH Zürich in der Fachpublikation Optica unter dem Titel „Silicon-Plasmonic Internal-Photoemission Detector for 40 Gbit/s Data Reception“ vor.

 

Ein besonderer Vorteil der verringerten Baugröße ist, dass der Photodetektor mit elektronischen Komponenten auf demselben CMOS-Chip integriert werden kann: „Die Einführung neuartiger plasmonischer Bauelemente für die Hochgeschwindigkeitsübertragung von Information zwischen elektronischen Chips im Rechner bietet technische Möglichkeiten, die die Vorteile elektronischer und optischer Bauelemente verbinden und dies bei vergleichbarer oder besserer Übertragungsgeschwindigkeit“, sagt Projektkoordinator Professor Manfred Kohl vom Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT. Entwickelt wurde der Photodetektor im Zuge des Projekts NAVOLCHI (Nano Scale Disruptive Silicon-Plasmonic Platform for Chip-to-Chip Interconnection). Das KIT wurde im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien während der dreijährigen Projektlaufzeit mit rund 500.000 Euro gefördert.

 

Der leistungsstarke Photodetektor nutzt sogenannte Oberflächen-Plasmon-Polaritonen, hochkonzentrierte elektromagnetische Wellen an metallisch-dielektrischen Grenzflächen, um Optik und Elektronik auf kleinstem Raum zu vereinen. „Diese neue Klasse der plasmonischen Wandler beruht auf dem Mechanismus, durch den der Photostrom erzeugt wird, nämlich der direkten Signalwandlung an metallischen Grenzflächen bei optischen Frequenzen. Dieser Prozess ist bekannt als interne Photoemission“, sagt Mühlbrandt. Um die Absorption von Licht und dessen Umwandlung in elektrische Signale effizient zu gestalten, werden Ladungsträger an einem Titan-Silizium-Übergang erzeugt und an einem weiteren Gold-Silizium-Übergang aufgenommen. Die hohe Geschwindigkeit erreicht der Detektor durch seine spezielle Geometrie: Die beiden Metall-Silizium Übergänge sind weniger als 100 Milliardstel Meter voneinander entfernt.

 

Die Forscher sehen das PIPED-Konzept nicht nur als wesentlich für zukünftige optische Datenübertragungssysteme an, sondern auch als Schlüsselkomponente für die drahtlose Datenübertragung. „Der neuartige Ansatz zur Detektion optischer Signale macht es möglich, elektromagnetische Signale mit Bandbreiten im Terahertz-Bereich zu erzeugen und zu detektieren“, sagt Professor Christian Koos vom KIT, Sprecher der Helmholtz International Research School of Teratronics (HIRST), die sich am KIT mit der Fusion photonischer und elektronischer Verfahren zur ultraschnellen Signalverarbeitung befasst. „Plasmonische Bauteile könnten in der drahtlosen Hochgeschwindigkeitskommunikation Verwendung finden und dort Übertragungsraten bis zu 1 Terabit pro Sekunde möglich machen.“ Gefördert und unterstützt wurde die Forschung an PIPED auch durch den ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats EnTeraPIC, durch die am KIT angesiedelte Helmholtz International Research School for Teratronics (HIRST), an der die Disziplinen Physik, Elektrotechnik, Informatik und Maschinenbau zusammenarbeiten, sowie durch die Hochtechnologieplattform „Karlsruhe Nano-Micro-Facility“ (KNMF) am KIT.

 

S. Mühlbrandt, A. Melikyan, T. Harter, K. Köhnle, A. Muslija, P. Vincze, S. Wolf, P. Jakobs, Y. Fedoryshyn, W. Freude, J. Leuthold, C. Koos, M. Kohl: Silicon-Plasmonic Internal-Photoemission Detector for 40 Gbit/s Data Reception. Optica. DOI: 10.1364/OPTICA.3.000741,
https://www.osapublishing.org/optica/abstract.cfm?uri=optica-3-7-741

 

Information zu NAVOLCHI:
http://www.imt.kit.edu/projects/navolchi/

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

afr, 27.07.2016
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