Der Mengenbedarf an Energie und Rohstoffen der wachsenden Weltbevölkerung wird stetig steigen. Die zunehmende Technisierung erfordert zudem auch eine größere Anzahl von Rohstoffen. Etwa Lithium für Batterien oder Seltene Erden für Katalysatoren und Elektromotoren. Den Bedarf nachhaltig, verlässlich und ökonomisch zu befriedigen, wird eine große Herausforderung für Hochtechnologiestandorte wie Deutschland. Lösungskonzepte soll der „THINKTANK Industrielle Ressourcenstrategien“ am Karlsruher Institut für Technologie liefern, der nun durch das Land Baden-Württemberg und die Industrie mit bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr für zunächst vier Jahre gefördert wird.
„Mit dem Think Thank ‚Industrielle Ressourcenstrategien‘ schaffen wir eine bundesweit einmalige Institution, die als Vordenker im Bereich Rohstoff- und Ressourceneffizienz wirken und zu innovativen Lösungen in diesem Bereich maßgeblich beitragen soll“, sagt Ministerpräsident Kretschmann. „Durch die Unterstützung ressourceneffizienter Technologien machen wir unseren Wirtschaftsstandort zukunftsfest und sparen gleichzeitig nicht nachwachsende Rohstoffe und Energie ein.“
Baden-Württemberg verfüge außer über Sand, Kies und Steine über keine nennenswerten eigenen Rohstoffe, erklärt Umweltminister Franz Untersteller. „Das bedeutet, dass unsere Unternehmen in hohem Maße vom Rohstoffimport abhängig sind und von allen damit verbundenen Unwägbarkeiten bis hin zu unkalkulierbaren Rohstoffpreisen. Diese Situation ist ein Zukunftsrisiko. Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern und damit Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land erhalten wollen, müssen wir dieses Risiko durch Effizienz und Recycling von Rohstoffen minimieren. Der Think Tank kann und wird die Unternehmen dabei unterstützen.“
„Der High-Tech Produktionsstandort Baden-Württemberg ist in entscheidender Weise auf die ständige Verfügbarkeit unterschiedlichster Rohstoffe zu angemessenen Preisen angewiesen“, sagt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. „Ziel muss es sein, die Unternehmen in die Lage zu versetzen, selbstständig und flexibel auf sich teils schnell ändernde Rohstoffmärkte zu reagieren. Diese Kompetenzen wollen wir mit dem Think Tank in Baden-Württemberg gezielt ausbauen.“
„Mit den begrenzten Rohstoffen verantwortungsvoll umzugehen, ist unsere gesellschaftliche Pflicht gegenüber den kommenden Generationen“, sagt Professor Holger Hanselka, Präsident des KIT. „Ich freue mich, dass das KIT mit seiner breiten disziplinären Basis von den Natur- und Ingenieurwissenschaften bis hin zu den Wirtschafts- und Geisteswissenschaften hier einen wertvollen Beitrag leisten kann.“
„Mit der neuen Denkfabrik betrachten wir die Gewinnung, die Nutzung und das Recycling von Rohstoffen ganzheitlich – mitsamt den technologischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen“, erklärt Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Innovation und Internationales am KIT und Sprecher des „THINKTANK Industrielle Ressourcenstrategien“. „Wir wollen die Brücke schlagen zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.“
Die Industrie ist stark von Rohstoffen abhängig. Und der Bedarf an Stoffen wie Platin, Magnesium, Kobalt oder Metallen der Seltenen Erden wächst weiter, da neue Technologien etwa aus Elektromobilität und Energiewende darauf basieren. Rohstoffe im Umlauf zu halten und über das Recycling zu gewinnen macht doppelt Sinn. Einmal, um die Wertschöpfung im Land zu halten, und dann, um weniger abhängig von Rohstoffimporten zu sein. Konzepte für ressourcensparenden Einsatz sowie Recycling sind daher wichtige Aufgabe der Denkfabrik. Sie soll Ideen liefern und eingefahrene Denkpfade verlassen. Politik und Industrie soll das Forschungsinstitut bei technologisch-strategischen Fragen zu Rohstoffen beraten.
Die Denkfabrik für den sparsamen Umgang mit knappen Rohstoffen wird am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) disziplinübergreifend angesiedelt, um neue Denkansätze zum Umgang mit Rohstoffen zu erarbeiten. Derzeit sind zwei Arten von Projekten angedacht, Pilotprojekte und Leuchtturmprojekte. In Pilotprojekten werden anwendungsnahe Entwicklungen und Technologien betrachtet, die ein kurzfristiges Umsetzungspotenzial für die Wirtschaft haben und die durch Impulse der Industrie initiiert werden. Beispielhafte Themen sind Rohstoffverfügbarkeit, -bedarf und -transparenz, Kreislaufführung und Kreislaufwirtschaftsmodelle, Ressourceneffiziente Prozesse und Klimaschutz.
Leuchtturmprojekte greifen strategische und gesellschaftliche Fragen der Umwelt- und Wirtschaftspolitik auf. Sie vernetzen wissenschaftliche Disziplinen und Aspekte aus verschiedenen industriellen Branchen über mehrere Jahre und verbessern die nationale Ressourceneffizienz. Mögliche Themen sind Rohstoffbedarf und Verfügbarkeit für die Mobilität der Zukunft oder das Etablieren einer Kreislaufwirtschaft der Massenrohstoffe im Baugewerbe.
Der „THINKTANK Industrielle Ressourcenstrategien“ beschreibt technologische Herausforderungen und Lösungen von morgen – und zwar möglichst konkret. Unerwartete Aspekte kommen früher zum Vorschein und fließen in den Dialog von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft ein. Neue Technologien sollen sich durch die ressourcenökonomische Betrachtungsweise des Think Tanks strategisch einordnen lassen, um frühzeitig tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Seine Impulse unterstützen politische Entscheidungen, die den Unternehmen den optimalen Freiraum lassen – und zwar sowohl unter wirtschaftlichen und technologischen Gesichtspunkten als auch, was den Umweltschutz und den Ressourcenverbrauch betrifft. Der Think Tank stellt nicht nur strategisch relevante Fragen über technologische Lösungen, sondern liefert auch die Antworten darauf.
Als Teil der Landesstrategie Ressourceneffizienz ist der Think Tank als Projekt zunächst für vier Jahre angelegt. Nach einer Evaluation wird über die Weiterführung entschieden. Der Think Tank soll von Land und Industrie gemeinsam gefördert werden. Vorgesehen ist, dass sich Land und Industrie die Kosten von 2 Millionen Euro im Jahr teilen. Darüber hinaus könnten Drittmittelprojekte eingeworben werden. Innerhalb der Projekt-Teams werden weitere externe Experten einbezogen werden.
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Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.