Fußballtrainer, die ihre Gefühle im Griff haben, sind erfolgreicher. Das berichten Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Goethe-Universität Frankfurt am Main nun in der Fachzeitschrift „Sports“. Denn Emotionen und der Umgang mit ihnen haben großen Einfluss auf die Leistung der Coaches und damit auch auf die gesamte Mannschaft. Emotionale Prozesse bei den Trainern verlaufen kreisförmig und können sich in Krisen immer weiter verstärken. Übungsleiter mit hoher emotionaler Kompetenz hingegen könnten so einen Teufelskreis leichter durchbrechen.
„Wer hinten steht, hat das Pech der Glücklosen“, hat der Trainer und Sportmanager Helmut Schulte einmal gesagt. Anders ausgedrückt: Es ist im Fußball sehr schwer, einen negativen Trend aufzuhalten. Umgekehrt gilt: „Wenn's lafft, dann lafft's“, so Ex-Bayern-Spieler Manni Schwabl. Forscher am KIT und der Goethe-Universität haben untersucht, welche Rolle emotionale Faktoren bei sportlichen Trendverläufen spielen. Ein optimaler emotionaler Zustand beim Coach verbessert demnach die sportliche Leistung der ganzen Mannschaft, während gegenteiliges Befinden diese verschlechtert. „Folglich ist die emotionale Kompetenz eines Trainers, also seine Fähigkeit, in den verschiedenen Phasen einer Saison mit den eigenen Gefühlen und denen der Spieler umzugehen beziehungsweise diese zu steuern, eine sehr wichtige Kompetenz“, sagt Darko Jekauc vom Institut für Sport und Sportwissenschaft des KIT.
Der Professor für Sportpsychologie und sein Team haben Trainer aus dem Amateur- und Jugendbereich befragt und dabei herausgefunden, dass sich deren Gemütsbewegungen in einem Kreislauf abspielen: „Auslösern wie Siegen und Niederlagen oder Fortschritten sowie Stagnation in der Entwicklung der Spieler folgen emotionale Erfahrungen wie zum Beispiel Freude, Zorn, Angst oder Hilflosigkeit, die sich auf körperlicher, geistiger oder Verhaltensebene bemerkbar machen“, erläutert Jekauc und nennt Beispiele wie Gänsehaut, steigenden Blutdruck, Grübeln, Gesten oder Gesichtsausdrücke. Die befragten Coaches nannten als nächsten Schritt unterschiedlichste Strategien, wie sie mit ihren Gefühlsaufwallungen umgingen. „Das reicht von Gesprächen mit den Spielern oder der Familie über Spazieren mit dem Hund bis hin zu ein paar Bieren nach dem Spiel“, berichtet Jekauc. Trainer, die offensichtlich gut in der Lage waren, ihre Gefühlswelt zu regulieren, fühlten sich hinterher ausgeglichener und selbstbewusster. Dies habe sich schließlich auch positiv auf ihre Tätigkeit ausgewirkt, indem sie zum Beispiel im Umgang mit ihren Spielern offener und bei der Arbeit konzentrierter waren.
„Coaches mit stabilen Emotionen bewerten Situationen eher optimistisch, während sich Trainer, die wenig Selbstvertrauen haben, auf die Schwierigkeiten konzentrieren“, erläutert Jekauc. „Unser kreisförmiges Modell kann somit erklären, warum es für Fußballtrainer sehr schwierig ist, aus dem Teufelskreis negativer Emotionen herauszukommen.“ Wenn Teams mehrere Spiele in Folge verlieren, dann verstärkten negative Konsequenzen wie soziale Isolation, geringes Selbstvertrauen, schlechte Konzentration und emotionale Instabilität die negativen emotionalen Erfahrungen immer mehr und könnten die Kluft zwischen Trainer und Mannschaft noch weiter vergrößern. Daher werde es für einen Coach immer schwieriger, den Teufelskreis der negativen Emotionen zu verlassen und mit dem Team effektiv umzugehen. „Eine Beeinträchtigung der Leistung ist die logische Folge“, sagt der Sportpsychologe.
Die Wissenschaftler empfehlen, in der Trainerausbildung ein stärkeres Gewicht auf die Entwicklung der emotionalen Kompetenz zukünftiger Coaches zu legen.
Mehr zu der Studie:
Analyzing the Components of Emotional Competence of Football Coaches: A Qualitative Study from the Coaches’ Perspective, Honggyu Lee, Hagen Wäsche and Darko Jekauc, Sports 2018, 6(4), 123; doi:10.3390/sports6040123, https://www.mdpi.com/2075-4663/6/4/123
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