Professor Wolfgang Wernsdorfer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erhält den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Mit dem mit 2,5 Millionen Euro höchstdotierten Wissenschaftspreis Deutschlands würdigt die DFG den Experimentalphysiker für seine Forschung zur Elektronik, Spinphysik und zum Quantencomputing.
„Auf dem Weg zu künftigen Quantencomputern liefert Wolfgang Wernsdorfer mit seiner Forschung zu Nanomagneten maßgebliche Beiträge und prägt damit eine der wesentlichen Zukunftstechnologien mit“, sagt der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka. „Der Leibniz-Preis ist eine großartige Anerkennung seiner herausragenden Leistungen. Wir sind stolz auf Wolfgang Wernsdorfer – und freuen uns mit ihm über diese besondere Auszeichnung.“
„Wolfgang Wernsdorfer ist eine herausragende Forscherpersönlichkeit, auf dem Gebiet der Quantenmechanik gehört er auch international zur absoluten Spitze“, so der Vizepräsident des KIT für Forschung, Professor Oliver Kraft. „Für seine Forschung ist er in den vergangenen Jahren bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Nun erhält er für seine exzellenten Leistungen den wichtigsten deutschen Forschungspreis – das freut mich wirklich sehr und ich gratuliere ihm herzlich zu diesem Erfolg!“
Wolfgang Wernsdorfer gehört zu den weltweit führenden Experten für Nanomagnetismus und Einzelmolekülmagnete und deren Einsatz in Quanten-Rechner-Systemen. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die molekulare Quanten-Spintronik, ein Gebiet der experimentellen Festkörperphysik an der Schnittstelle zur Chemie und zur Materialwissenschaft. Mit seiner Forschungsgruppe entwickelt Wolfgang Wernsdorfer schnelle und zuverlässige Methoden, um Spinzustände einzelner magnetischer Moleküle zur Quanteninformationsverarbeitung auszulesen. Damit schaffen er und sein Team wesentliche Voraussetzungen für künftige Quantentechnologien. So fand Wernsdorfer mit bahnbrechenden Experimenten heraus, wie sich molekulare Magnete unter den Gesetzen der Quantenmechanik verhalten. Wernsdorfers Gruppe war die erste, die Quanten-Spin-Zustände in einem Molekül messen und kontrollieren konnte.
Quantenphysikalische Effekte machen zahlreiche neue Anwendungen in den verschiedensten Bereichen möglich – bei gleichzeitig wesentlich verbesserter Kapazität, Sensitivität und Geschwindigkeit. Prominentes Beispiel ist die Informationsverarbeitung: Anders als klassische Computer, die mit Bits arbeiten, die immer den Wert Null oder Eins annehmen, nutzen Quantencomputer als kleinste Recheneinheit Quantenbits, kurz Qubits, bei denen es auch Werte zwischen Null und Eins gibt. Durch Verschränkung von Qubits untereinander entstehen gemischte Quantenzustände, die es ermöglichen, viele Rechenschritte parallel auszuführen.
Mehr zur Forschung von Wolfgang Wernsdorfer:
Optik bringt Quanteninformationsverarbeitung voran – ERC Advanced Grant (Presseinformation 047/2017):
https://www.kit.edu/kit/pi_2017_047_optik-bringt-quanteninformationsverarbeitung-voran.php
KIT holt herausragenden Experimentalphysiker nach Deutschland zurück (Presseinformation 070/2016):
https://www.kit.edu/kit/pi_2016_070_kit-holt-herausragenden-experimentalphysiker-nach-deutschland-zurueck.php
Die Realitätsabbildungsmaschine. Auf dem Weg zum Quantencomputer: Wolfgang Wernsdorfer im Podcast „KIT.audio“:
http://www.sek.kit.edu/2203_3577.php
Wolfgang Wernsdorfer – zur Person
Wolfgang Wernsdorfer, Jahrgang 1966, ist seit 2016 Humboldt-Professor am KIT. Mit diesem Preis zeichnet die Alexander von Humboldt-Stiftung weltweit führende und bisher im Ausland tätige Wissenschaftler aus. Die Humboldt-Professur ist Deutschlands höchstdotierter Forschungspreis mit internationaler Ausrichtung. Am KIT baut Wernsdorfer derzeit ein bislang einzigartiges Zentrum für molekulare Quantenspintronik auf. Zuvor war er seit 2008 Directeur de recherche première classe im Institut NÉEL des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich. Bereits seit 1996 war Wernsdorfer Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratoire de Magnétisme in Grenoble, Frankreich – einem der Institute, aus denen 2007 das Institut Néel hervorging. Sein Physik-Studium begann er nach einer Ausbildung zum Elektriker und der Berufsoberschule an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und beendete es an der angesehenen École Normale Supérieure in Lyon, Frankreich.
Zu Wernsdorfers zahlreichen hochrangingen Auszeichnungen zählen außerdem der Agilent Europhysics Prize, der Olivier Kahn International Award, der Prix Spécial der Société Française de Physique sowie bereits zwei der begehrten ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats.
Mit Wolfgang Wernsdorfer haben bisher insgesamt acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT den Leibniz-Preis der DFG erhalten.
Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis
Der Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG vergeben. Er zeichnet herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihre Forschungen auf allen Gebieten der Wissenschaft aus. Das Preisgeld von etwa 2,5 Millionen Euro können sie in einem Zeitraum von bis zu sieben Jahren nach ihren eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre wissenschaftliche Arbeit ausgeben. Der Leibniz-Preis geht in diesem Jahr an zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bislang wurden 368 Leibniz-Preise vergeben. Er gilt weltweit als einer der wichtigsten Wissenschaftspreise; sieben Preisträger erhielten nach dem Leibniz-Preis auch den Nobelpreis. Verliehen werden die Leibniz-Preise am 13. März 2019 in Berlin.
Leibniz-Preise 2019, Presseinformation der DFG:
http://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2018/pressemitteilung_nr_55/index.html
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.