Aerosole spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Covid 19. Beim Atmen, Sprechen oder Husten verbreiten sich die winzigen mit Corona-Viren beladenen Tröpfchen in Innenräumen. Besonders betroffen sind Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Uni-Hörsäle, Arztpraxen oder Restaurants. Eine effektive, sichere und vor allem schnell verfügbare Lösung haben jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt. Der Aerobuster ist einfach, kompakt, und kann sehr effektiv Viren und andere Krankheitserreger aus der Raumluft inaktivieren.
Aerosole und damit Viren verteilen sich in Windeseile im Raum und schweben über Stunden in der Luft. Werden sie von Menschen eingeatmet, können sich diese leicht mit Corona infizieren. „Erste Ergebnisse zeigen, dass mit unserem Aerobuster luftgetragene Modell-Viren zu fast 100 Prozent inaktiviert werden können. Dabei ist der Aerobuster mit einem hohen Luftdurchsatz extrem leistungsstark und hat deutlich niedrigere Anschaffungskosten als handelsübliche Luftreinigungsgeräte“, sagt Professor Horst Hahn, Leiter des Instituts für Nanotechnologie des KIT und einer der Erfinder des Aerobusters. Simulationen der Aerosolbewegungen in einem durchschnittlichen Klassenzimmer mit 20 Schülern belegen, dass durch den Aerobuster die Konzentration aktiver Viren in der Raumluft drastisch gesenkt und so die Ansteckungsgefahr dauerhaft erheblich vermindert werden kann.
Flexible Einsetzbarkeit und einfache Bauweise
Das gilt natürlich auch für alle anderen Bereiche mit viel Publikumsverkehr, wie Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, Restaurants, Büros, Werkshallen oder öffentliche Verkehrsmittel sowie deren Wartebereiche“, sagt Hahn. Überall dort könne der Aerobuster eingesetzt werden, denn die Apparatur von der Größe einer Stehlampe sei leicht und könne platzsparend sowohl auf einem Ständer, an der Decke oder an der Wand montiert werden. „Die Vorrichtung besteht aus einem einfachen Metallrohr, einem Lüfter, wie er zur Kühlung von PCs eingesetzt wird, einem Heizmodul und einem Strahler, der ultraviolettes Licht einer bestimmten Wellenlänge aussendet“, so der Experte. „Durch das Rohr wird die Luft mittels eines Lüfters angesaugt, dann werden die Aerosole getrocknet und die Viren mit UV-C-Strahlung inaktiviert – eine lang bewährte Technik zur Desinfektion“, erläutert Dr. Jochen Kriegseis vom Institut für Strömungsmechanik. Der Luftdurchsatz des Geräts könne je nach Anwendungsbereich, Raumgröße und Zahl der Geräte im Raum angepasst werden und liege im Bereich zwischen 30 bis 100 Kubikmeter pro Stunde, je nach Leistungsfähigkeit des Lüfters. So können mit vier Aerobustern die typischen Luftmengen von kommerziellen Luftreinigern erreicht werden. Durch die Verteilung der Aerobuster im Raum sei die Wirkung sogar noch effektiver. „Die Abwärme kann zudem zum Heizen der Räume genutzt werden“, ergänzt Dr. Thomas Blank vom Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik. Der Aerobuster sei außerdem eine Investition in die Zukunft, denn er könne langfristig im Kampf gegen zukünftige Pandemien oder bei der jährlichen Grippewelle eingesetzt werden, so die drei Co-Erfinder des Geräts einhellig.
Große Stückzahlen könnten schnell verfügbar sein
Als nächsten Schritt wollen Hahn und seine Mitstreiter aus zahlreichen anderen Instituten des KIT 100 Prototypen bauen und diese selbst vor Ort weiter testen und optimieren. „Mit einem geeigneten Partner aus der Industrie könnten binnen weniger Wochen 10 000 Stück verfügbar sein“, schätzt Hahn, der auch auf Interesse und verstärkten Rückenwind aus der Politik hofft. Bei den Beschaffungskosten für die Materialien, aus denen der Aerobuster zusammengesetzt wird, rechnen die Experten mit rund 50 Euro.
Projektbeteiligte:
Die wissenschaftlichen Untersuchungen und die technischen Weiterentwicklungen zur Optimierung des Aerobuster haben sechs Institute des KIT durchgeführt: Institut für Nanotechnologie, Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik, Institut für Strömungsmechanik, Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit, Institut für Meteorologie und Klimaforschung und Institut für Funktionelle Grenzflächen.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.