Presseinformation 014/2022

Technik im Sinne der Nutzenden gestalten

Bei der Entwicklung von Technologien steht meist die Funktionalität im Vordergrund, weniger die Bedürfnisse der Nutzenden – Forschende am KIT wollen das ändern
Entwicklerinnen und Entwickler werden von Nutzenden oft durch unvorhergesehene Verwendungsweisen ihrer Produkte überrascht. Forschende am KIT suchen nach Wegen, mögliche Umnutzungen von Technik besser zu antizipieren. (Grafik: Dominika Rogocka/modus media
Entwicklerinnen und Entwickler werden oft durch unvorhergesehene Verwendungsweisen ihrer Produkte überrascht. Forschende am KIT suchen nach Wegen, mögliche Umnutzungen von Technik besser zu antizipieren. (Grafik: Dominika Rogocka/modus media).

Digitale Technologien formen unseren Alltag. Bei der Gestaltung der Technik steht die reine Funktionalität im Vordergrund. Angesichts des Klimawandels oder gesellschaftlicher Fragen wandeln sich jedoch die Ansprüche von Nutzerinnen und Nutzern: Ein technisches System, das ökologischen oder moralischen Anforderungen nicht genügt, ist für viele ein schlechtes Produkt. Hersteller müssen bei der Entwicklung von Technik also über die Funktionslogik hinausgehen. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen Wege für eine reflektierte Technikentwicklung und -gestaltung aufzeigen.

„Wir erarbeiten Werkzeuge und Methoden, um die digitale Revolution einerseits besser zu verstehen und sie andererseits verstärkt im Interesse der Nutzenden und der Gesellschaft zu gestalten“, sagt Dr. Bruno Gransche vom Institut für Technikzukünfte des KIT. „Ein Problem für durchdachte und bewusste Technikgestaltung ist, dass Entwicklerinnen und Entwickler häufig überhaupt nicht voraussehen können, auf welche Art und Weise die Menschen eine Technologie tatsächlich nutzen werden“, sagt der Philosoph. Diese sogenannte Multistabilität von Technik führe zu Umnutzungen und Zweckentfremdungen, aber auch zu Innovationen.

Unvorhergesehene Verwendung von Produkten

Als Beispiel nennt Gransche die Nutzung autonomer Fahrzeuge: Dass es beim Fahren von A nach B gleichzeitig möglich ist zu arbeiten, Zeitung zu lesen, Videos zu schauen oder zu schlafen, haben die Entwickler beabsichtigt. Das Drehen etwa von Sexfilmen während der Fahrt mit dem Auto-Piloten – so geschehen in einem Videoclip, der vor wenigen Jahren in den Sozialen Medien für Aufmerksamkeit sorgte – dagegen nicht. Diese Verwendung habe auch er nicht abgesehen, kommentierte Elon Musk, Gründer und Chef des amerikanischen Automobilherstellers Tesla, damals auf Twitter: „Es stellt sich heraus, dass es mehr Möglichkeiten gibt, den Autopiloten zu verwenden, als wir uns vorgestellt haben – hätte es kommen sehen sollen.“ „Autonome Autos haben also vielschichtige Auswirkungen auf den Straßenverkehr, den nicht einmal zentrale Technologietreiber durchschauen. Das gleiche gilt etwa für die Verbreitung von Digitaltechnik, KI-Systemen, oder Sprachassistenten“, erläutert Gransche.

Mögliche Umnutzung von Technik besser voraussehen

„Wer Technik gestaltet, ist zwar nicht verantwortlich dafür, welches Verhältnis die Nutzenden zu dieser tatsächlich eingehen, wohl aber dafür, welche Nutzungsmöglichkeiten und Potenziale sich bieten“, so der Experte. Entwicklerinnen und Entwickler müssten also vorab bestimmte Entscheidungen treffen, die nicht nur Nutzungsweisen bestimmten, sondern auch daraus folgende weitreichende Handlungspotenziale beeinflussten. Wer diese Komplexität bewusster und früher berücksichtigen könne, könne besser verantwortliche Innovationsstrategien entwickeln, gezielter die vielschichtigen Ansprüche der Nutzenden berücksichtigen und letztlich vorausschauender gesellschaftlichen Wandel mitgestalten. „Dafür wollen wir ihnen eine möglichst fundierte und dabei konkret handhabbare Grundlage bieten“, sagt Gransche. „Phänomene wie die Multistabilität besser zu verstehen, kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten.“

Das Projekt „Lebensformen in Digitalisierten Lebenswelten“, kurz LeDiLe, ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,75 Millionen Euro geförderten Clusters Integrierte Forschung. Das KIT erhält davon 550 000 Tausend Euro. 

Weitere Informationen: https://integrierte-forschung.net/projekte/ledile

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

mex, 22.02.2022
Kontakt:

 

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Pressesprecher
Tel: +49 721 608-41105
Fax: +49 721 608-43658
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